Der online auf einem Bewertungsportal Bewertete kann die Löschung einer negativen Bewertung verlangen, wenn der Portalbetreiber die Person des Bewerters ihm gegenüber nicht dergestalt individualisiert, dass er das Vorliegen eines geschäftlichen Kontaktes überprüfen kann (OLG Hamburg, Urt. v. 8.2.2024, Az. 7 W 11/24).
Die Antragstellerin betreibt ein Unternehmen mit 22 Angestellten, die Antragsgegnerin ist eine große Arbeitgeber-Bewertungsplattform. Auf dieser Bewertungsplattform waren im Oktober 2023 fast ausschließlich negative Bewertungen in Bezug auf die Antragstellerin zu finden. Diese forderte die Antragsgegnerin auf, die Einträge zu löschen. Zur Begründung hieß es seitens der Rechtsanwälte der Antragstellerin u.a.: "Der genannte Bewerter hat unsere Mandantschaft negativ bewertet. Der Bewerber- und Mitarbeiter-Kontakt zu dem Bewerter wird mit Nichtwissen bestritten, da er nicht zugeordnet werden kann." Die Antragsgegnerin forderte die Antragstellerin auf, mögliche Rechtsverletzungen zu substanziieren. Als sie keine weiteren Informationen erhielt, sah sie von einer Löschung ab.
Nach Erhalt des Antrags auf Erlass einer einstweiligen Verfügung wandte sich die Antragsgegnerin an die Nutzer, die die hier beanstandeten Bewertungen abgegeben hatten. Die von den Nutzern erhaltenen Unterlagen, aus denen sich der Nachweis ergeben sollte, dass sie bei der Antragstellerin beschäftigt waren, anonymisierte die Antragsgegnerin und übersandte sie der Antragstellerin zum Beleg.
Das LG hatte den Antrag daraufhin zurückgewiesen. Es war der Ansicht, dass die Unterlagen ausreichen würden, um eine tatsächliche Mitarbeiterstellung der Rezensenten nachzuweisen.
Das OLG entschied, der Antragstellerin stehe ein Anspruch auf Unterlassung des weiteren Zugänglichmachens der beanstandeten Bewertungen zu. Auch für den vorliegenden Fall kämen die für die Haftung des Betreibers eines Internet-Bewertungsportals entwickelten Grundsätze des BGH vollen Umfangs zum Tragen.
Die Antragsgegnerin sei als Portalbetreiberin mittelbare Störerin hinsichtlich der beanstandeten Bewertungen. Die Beanstandung der Bewertung sei so konkret gefasst, dass der Rechtsverstoß unschwer bejaht werden könne. Als hinreichend konkrete Beanstandung des Bewerteten ist es grundsätzlich ausreichend, wenn dieser rügt, dass der Bewertung kein tatsächlicher Kontakt des Bewerters mit seiner Leistung zugrunde liege; diese Rüge darf der Bewertete grundsätzlich so lange aufrechterhalten, bis ihm gegenüber der Bewerter so individualisiert wird, dass er das Vorliegen eines geschäftlichen Kontaktes überprüfen kann.
Die Rüge des nicht gegebenen Geschäftskontakts hatte die Antragstellerin erhoben. Die Antragsgegnerin hat der Antragstellerin die Bewerter allerdings nicht so identifizierbar gemacht, dass die Antragstellerin in der Lage war, das tatsächliche Vorliegen eines geschäftlichen Kontaktes zu prüfen.
Ist eine Beanstandung so konkret gefasst, dass der Rechtsverstoß auf der Grundlage der Behauptung des Betroffenen unschwer bejaht werden kann, ist eine Ermittlung und Bewertung des gesamten Sachverhalts erforderlich, unabhängig davon, ob die beanstandete Äußerung als Tatsachenbehauptung oder als Werturteil, das auf einer behaupteten Tatsache aufbaut, zu qualifizieren ist. Als hinreichend konkrete Beanstandung ist es dabei bis zur Grenze des Rechtsmissbrauchs grundsätzlich ausreichend, wenn der Bewertete rügt, dass der Bewertung kein tatsächlicher Kontakt des Bewerters mit seiner Leistung zugrunde liege.
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