Ein Aktionär unterliegt einem Stimmverbot, wenn in der Hauptversammlung über die Geltendmachung von gegen ihn gerichtete Ansprüche abzustimmen ist, § 136 Abs. 1 S. 1 Fall 3 AktG. Unter den Begriff der Geltendmachung fällt dabei nicht nur die Bestellung eines besonderen Vertreters, sondern auch dessen Abberufung (OLG Düsseldorf, Urteil v. 16.12.2021, Az. 6 U 87/20).
Ein Aktionär einer Aktiengesellschaft streitet mit dieser über die Wirksamkeit verschiedener im Jahr 2016 gefasster Beschlüsse. Insbesondere geht es um die Abberufung eines besonderen Vertreters. Der besondere Vertreter wurde damals eingesetzt, um Ersatzansprüche gegen eine Mehrheitsaktionärin der Aktiengesellschaft geltend zu machen. Trotzdem durfte diese Mehrheitsaktionärin bei der Abstimmung über die Abberufung des besonderen Vertreters mitwirken.
Ein Aktionär hatte diesen gefassten Beschluss angefochten, da er der Ansicht ist, dass die Aktionärin einem Stimmrechtsausschluss unterlegen habe und somit an der Abstimmung nicht hätte teilnehmen dürfen.
Das OLG Düsseldorf bestätigte diese Auffassung. § 136 Abs. 1 AktG normiert die Fälle, bei denen ein Aktionär aufgrund einer Interessenkollision nicht mitstimmen darf. Hierunter fallen sowohl Vorbereitungen zur Anspruchsverfolgung als auch Maßnahmen, die auf die Beendigung der Geltendmachung abzielen.
Vom Stimmverbot ebenfalls umfasst sein soll nach Ansicht des OLG Düsseldorf auch die Abberufung eines besonderen Vertreters. Zwar sei dies in § 136 Abs. 1 AktG nicht ausdrücklich normiert, da es nicht um einen Beschluss geht, der darüber entscheidet, ob die Aktiengesellschaft gegen den Aktionär einen Anspruch geltend machen soll, § 136 Abs. 1 S. 1 Fall 3 AktG.
Jedoch könne bei solchen Maßnahmen, die eine Geltendmachung von Ansprüchen verhindern oder beenden können, wie bei der hiesigen Abberufung des besonderen Vertreters, ebenso Interessenkollisionen eines Aktionärs auftreten, wie bei der Abstimmung über die Geltendmachung des Anspruchs selbst.
Das Stimmverbot ist somit auf die Abberufung des besonderen Vertreters zu erweitern, wenn ein Aktionär hierdurch unmittelbar betroffen ist, weil dieser Vertreter gegen den Aktionär Ansprüche geltend machen sollte.
Die Abberufung des besonderen Vertreters ist nicht in § 136 Abs. 1 AktG normiert. Das OLG Düsseldorf hat diese Norm nun für den hier geschilderten Fall entsprechend angewandt.