Wann sind Rückzahlungsverpflichtungen von Studiengebühren zulässig?

20.07.2021
4 Minuten

Immer häufiger übernehmen Arbeitgeber Kosten einer Ausbildung oder Qualifizierungsmaßnahmen für Ihre Arbeitnehmer und kombinieren diese mit einer Bindungsverpflichtung des Arbeitnehmers an das Unternehmen. Dies betrifft neben klassischen Fort- und Weiterbildungen auch Studiengebühren für Bachelor- oder Masterstudiengänge, aber gerade auch die für viele Studenten attraktiven dualen Studiengänge. Hier muss der Student die Studiengebühren in der Regel auch dann zurückzahlen, wenn er ein ihm nach Abschluss des Studiums angebotenes Arbeitsverhältnis ablehnt oder vorzeitig beendet. Aber wann ist eine solche – oft mehrjährige – Bindung an das Unternehmen nach Abschluss der Fort- oder Weiterbildung bzw. des (dualen) Studiums überhaupt zulässig? In der Praxis sind Vereinbarungen häufig unwirksam.

Arbeitgeber- und Arbeitnehmerinteressen

Die Grundsätze derartiger Vereinbarungen zwischen Unternehmen und Arbeitnehmern oder Studenten ist klar: Der Arbeitgeber übernimmt die kostenintensiven Studien- bzw. Ausbildungskosten und möchte sich nachvollziehbarerweise gleichzeitig die Dienste des in Zukunft hochqualifizierten Mitarbeiters sichern, damit sich die Investition finanziell bestmöglich rentiert. Je länger der Mitarbeiter bleibt, desto besser für das Unternehmen. Dieses Interesse ist grundsätzlich legitim, hat der Arbeitgeber doch in den Mitarbeiter investiert. Auf der anderen Seite haben Arbeitnehmer ein berechtigtes Interesse daran, nicht unzulässig in ihrer grundrechtlich geschützten persönlichen und beruflichen Entscheidungsfreiheit dadurch eingeschränkt zu werden, dass eine drohende Rückzahlungsverpflichtung der übernommenen Studiengebühren im oft fünfstelligen Bereich de facto dazu führt, dass eine Lösung vom Unternehmen nicht möglich ist. Dabei muss berücksichtigt werden, dass die Studenten bei Abschluss der Vereinbarung teilweise sogar noch minderjährig, zumindest aber sehr jung und beruflich unerfahren sind. Ein solcher Lösungswunsch kann viele Gründe haben, die in der eigenen Person des Studierenden oder dem Unternehmen liegen: Die Lebensplanung des Studenten kann sich während des mehrjährigen Studiums geändert haben: Vielleicht möchte er sich aus privaten Gründen örtlich im In- oder Ausland verändern, einen Masterstudiengang aufnehmen, einen Berufs- oder Studiengangwechsel vornehmen oder die Branche wechseln? Es kommt jedoch auch vor, dass das Ausbildungsunternehmen die Erwartungen des Studenten nicht erfüllen konnte, dieser sich dort schlicht nicht wohl fühlt, es persönliche Konflikte mit Vorgesetzten oder Kollegen gibt oder das Unternehmen schlicht keinen attraktiven Job anbieten kann. Häufig lockt dazu die Zusage eines anderen Unternehmens mit dem (häufig deutlich besser dotierten) Traumjob.
Vor dem Hintergrund dieser gegensätzlichen Interessen hat die arbeitsgerichtliche Rechtsprechung strenge Anforderungen entwickelt, unter denen eine Rückzahlungs- bzw. Bindungsklausel wirksam ist. Diese werden in der Praxis erfahrungsgemäß häufig nicht eingehalten, was zur Unwirksamkeit der Klausel und zum Wegfall der Bindungs- bzw. Rückzahlungsverpflichtung führt.

Verpflichtung zur Annahme eines Arbeitsvertrages

Eine Vereinbarung, die einen Studenten nach Abschluss seines Studiums zur Annahme eines Arbeitsverhältnisses verpflichtet, ist nur wirksam, wenn das Vertragsangebot zumutbar und angemessen ist. Der Arbeitnehmer muss bereits bei Abschluss des Studienvertrages erkennen können, was auf ihn zukommt. Es müssen daher die wesentlichen Eckpunkte des zukünftigen Arbeitsverhältnisses (Beginn, Arbeitszeit, Tätigkeit, Vergütungshöhe) genannt werden. Auch darf die Bindungsdauer nicht unangemessen lang sein, was an Hand der Studiendauer- und übernommenen Kosten zu bestimmen ist. Gleichzeitig müssen die Vertragsbedingungen auch zumutbar sein: Entspricht die Tätigkeit nicht der Qualifizierung oder ist sie unangemessen niedrig vergütet, ist dies unzulässig. Hier werden häufig bereits bei Vertragsschluss Fehler gemacht, die zum Wegfall der Rückzahlungspflicht führen.

Kündigung des Studien- oder Arbeitsvertrages

Endet der Studien- oder Arbeitsvertrag vor Ablauf der Bindungsfrist, kommt eine Rückzahlungspflicht nur unter engen Bedingungen in Frage. Die Vereinbarung muss zunächst danach differenzieren, wer eine Kündigung/Beendigung zu vertreten hat. Es ist z.B. unzulässig einen Arbeitnehmer zur Rückzahlung zu verpflichten, wenn der Arbeitgeber selbst betriebs- oder personenbedingt kündigt oder er durch sein eigenes Verhalten die Kündigung des Arbeitnehmers provoziert hat (z.B. unterlassene Gehaltszahlung). Hier liegt der Teufel wie so oft im Juristischen im Detail, weil unsauber formuliert wird. Eine Klausel, die auf dem ersten Blick diese Kriterien erfüllt, ist bei näherem Hinsehen häufig dennoch unwirksam.
Außerdem muss u.a. für den Studierenden die Höhe der Rückzahlungspflicht zumindest erkennbar sein. Die Höhe der Rückzahlungsverpflichtung muss sich ratierlich verringern je länger der Arbeitnehmer bleibt, so dass er diese durch Betriebstreue abwenden kann.

Tipps für Arbeitnehmer:

Beschäftigt sich ein Arbeitnehmer mit der Frage, ob er vorzeitig vor oder während der Bindungsdauer aus dem Unternehmen ausscheiden möchte, sollte er seinen Vertrag durch einen qualifizierten arbeitsrechtlich tätigen Rechtsanwalt prüfen lassen. Rückzahlungs- und Bindungsklauseln sind erfahrungsgemäß häufig entweder schlicht unwirksam oder zumindest rechtlich angreifbar. Durch anwaltliche Hilfe lässt sich die Rückzahlungspflicht daher häufig abwehren oder zumindest signifikant verringern. Wer eine eintrittspflichtige Rechtsschutzversicherung abgeschlossen hat oder dies noch rechtzeitig tut, hat häufig keine oder nur geringe Anwaltskosten. Aber auch ohne Rechtsschutzversicherung rechnet sich die anwaltliche Hilfe regelmäßig.

Tipps für Arbeitgeber:

Sollen Fort-, Weiterbildungs- oder Studienkosten für einen Mitarbeiter übernommen werden, sollte äußerste Sorgfalt auf die Erstellung der vertraglichen Vereinbarungen gelegt werden. Bereits kleine Ungenauigkeiten können zur Unwirksamkeit der Bindungspflicht führen. Ohne vertiefte arbeitsrechtliche Expertise ist eine wirksame Formulierung kaum möglich.

Sie haben Fragen zu diesem Thema oder wünschen eine rechtliche Einschätzung Ihrer vertraglichen Vereinbarung? Melden Sie sich gern unverbindlich unter felix.geulen@schomerus.de oder tel. unter 040 / 37601 2386 und wir finden eine für Sie passende Lösung.

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