Anspruch gegen Gesellschafter-Geschäftsführer auf Unterlassung der Einreichung unrichtiger Gesellschafterliste

10.07.2023
Wirtschaft, Gesellschaft & Handel 3/2023
2 Minuten

Missbraucht der Gesellschafter-Geschäftsführer seine Stellung dadurch, dass er eine unrichtige Gesellschafterliste zum Handelsregister einreicht, um damit eigennützige Interessen durchzusetzen, verletzt er seine gesellschafterliche Treuepflicht gegenüber dem von der Unrichtigkeit nachteilig betroffenen Gesellschafter. Diesem steht ein Unterlassungsanspruch zu (BGH, Urt. v. 08.11.2023, Az. II ZR 91/21).

Worum geht es?

Kläger und Beklagte zu 1 sind laut im Handelsregister aufgenommener Gesellschafterliste die Gesellschafter der Beklagten zu 2, einer GmbH, die über ein Stammkapital von 25.000 € verfügt. Die Beklagte zu 1 ist zudem Geschäftsführerin der Beklagten zu 2 Sie erwarb als Alleinerbin alle Geschäftsanteile an der GmbH. In Erfüllung eines testamentarischen Vermächtnisses übertrug sie, aufschiebend bedingt auf die Erbscheinserteilung, einen Geschäftsanteil in Höhe von 5.000 € an den Kläger.

In der Folgezeit forderte der Kläger die Beklagte zu 1 zur Einberufung einer außerordentlichen Gesellschafterversammlung auf, deren Gegenstand unter anderem die Abberufung der Beklagten zu 1 als Geschäftsführerin wegen gravierender Pflichtverletzungen sein sollte. Daraufhin äußerte der Bevollmächtige der Beklagten zu 1 gegenüber dem Kläger Zweifel an dessen Gesellschafterstellung und kündigte die Einreichung einer korrigierten, den Kläger nicht mehr als Gesellschafter ausweisenden Gesellschafterliste zum Handelsregister durch die Beklagte zu 1 an.

Der Kläger erwirkte daraufhin eine einstweilige Verfügung, mit der beiden Beklagten die Einreichung einer ihn nicht mehr als Gesellschafter ausweisenden Gesellschafterliste untersagt wurde. Nunmehr begehrt der Kläger die gleichlautende Verurteilung im Hauptsacheverfahren. Das Landgericht hat der Klage stattgegeben und der Kläger siegte instanzgerichtlich. Die Beklagte zu 1 legt Revision ein.

Wie entschied das Gericht?

Zunächst entschied der BGH, dass dem Gesellschafter einer GmbH kein Anspruch gegen den Geschäftsführer auf Unterlassung der Einreichung einer unrichtigen Gesellschafterliste zum Handelsregister wegen drohender Verletzung organschaftlicher Pflichten zusteht. Zwischen dem Gesellschafter und dem Geschäftsführer einer Gesellschaft bestehen grundsätzlich keine unmittelbaren Rechtsbeziehungen. Der Geschäftsführer ist in seiner Eigenschaft als Organ nur der Gesellschaft gegenüber treupflichtig.

In der vorliegenden Konstellation bestehe jedoch ein Anspruch auf Unterlassung der Einreichung einer unrichtigen Gesellschafterliste gegen die Beklagte zu 1 aufgrund einer drohenden Treuepflichtverletzung als Gesellschafterin. Zwischen der Gesellschaft und ihren Gesellschaftern wie auch unter den Mitgesellschaftern

selbst bestehe eine wechselseitige, zur gegenseitigen Rücksichtnahme verpflichtende Treuepflicht, deren Gegenstand jeweils im konkreten Fall zu bestimmen sei. Auch in der Verletzung von Geschäftsführerpflichten kann zugleich eine Treuepflichtverletzung gegenüber einem Mitgesellschafter liegen.

Der Gesellschafter einer GmbH, der seine Geschäftsführerstellung dazu missbraucht, eigennützige Interessen durchzusetzen, verletzt seine Treuepflicht als Gesellschafter. Einen solchen Fall erkennt der BGH für die streitgegenständliche Einreichung einer unrichtigen Gesellschafterliste, die eine gravierende Beeinträchtigung von gesellschaftsbezogenen Interessen darstelle, an. Nicht jede sorgfaltswidrige Maßnahme eines Geschäftsführers stellt auch immer eine Verletzung der gesellschafterlichen Treuepflicht dar, aber beim Missbrauch der Geschäftsführungsbefugnis zur Durchsetzung eigennütziger Interessen läge eine vor. Bei gesellschaftsbezogenen Pflichten, die ein Gesellschafter insbesondere in Geschäftsführungsangelegenheiten ausübe, gelte ein strengerer Maßstab als bei der Ausübung eigennütziger Rechte, bei denen der Gesellschafter seine Interessen nicht denjenigen der Gesellschaft und der Mitgesellschafter unterordnen muss.

Praxishinweis

Für die Praxis wurde mit der Entscheidung klargestellt, dass entsprechende Unterlassungsansprüche stets und unmittelbar gegen die Gesellschaft zu richten sind. Einzig im Falle des Gesellschafter-Geschäftsführers ist dies anders zu beurteilen. In diesem Falle ist der materielle Ansatzpunkt jedoch in der Verletzung der Treuepflicht gegenüber Mitgesellschaftern zu sehen, die sich konkret in der parallelen Eigenschaft als Geschäftsführer manifestiert, der in der Regel die Einreichungszuständigkeit für eine aktualisierte Gesellschafterliste innehat.

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