Die Befugnis zur Feststellung des Zustandekommens eines Beschlusses der Gesellschafter kann nach Auffassung des Oberlandesgerichts Köln durch Mehrheitsbeschluss dem Leiter der Gesellschafterversammlung oder einem Gesellschafter zugewiesen werden (OLG Köln, Urt. vom 21.07.2022, Az. 18 U 139/21).
Der Kläger wendet sich im Wege einer Beschlussanfechtungsklage gegen zwei Beschlüsse, die die Gesellschafter der Beklagten am 17.12.2019 und am 05.06.2020 gegen seine Stimme gefasst haben. Im Jahr 1998 wurde die Beklagte von den Herren A, B und C gegründet. Alle drei Gesellschafter waren als Geschäftsführer tätig. Der Kläger erwarb im Jahr 2008 den Geschäftsanteil des Herrn C und übernahm gleichzeitig das Amt eines weiteren Geschäftsführers der Beklagten.
Nach einigen Jahren der Zusammenarbeit entschied sich der Kläger dazu, das Unternehmen zu verlassen. Gespräche mit seinen Mitgesellschaftern über ein einvernehmliches Ausscheiden blieben ergebnislos. Daraufhin erklärte der Kläger seinen Austritt aus der Gesellschaft zum Ende des folgenden Kalenderjahres. Er legte außerdem mit sofortiger Wirkung sein Geschäftsführeramt nieder.
Kurz darauf veranlassten seine Mitgesellschafter verschiedene Beschlussfassungen in einer Gesellschafterversammlung und in einem Umlaufverfahren. Gegen die Stimmen des Klägers wurde dort beschlossen, die Geschäftsführervergütung für die verbleibenden Gesellschafter-Geschäftsführer rückwirkend deutlich zu erhöhen. Es wurde außerdem der bereits festgestellte Jahresabschluss zum Vorjahr in geänderter Fassung erneut festgestellt. Informationsanfragen des Klägers dazu im Vorfeld blieben jedoch unbeantwortet. Außerdem wurde gegen die Stimmen des Klägers beschlossen, dass einer der verbleibenden Mitgesellschafter in Gesellschafterversammlungen als Versammlungsleiter zur formellen Beschlussfeststellung befugt sein sollte.
Gegen die Beschlüsse erhob der Kläger Klage vor dem Landgericht Köln, welches der Klage teilweise stattgegeben hat. Beide Parteien legten gegen das Urteil das Rechtsmittel der Berufung beim OLG Köln ein.
Das OLG Köln hat die Berufungen als unbegründet abgewiesen.
Auch das Berufungsgericht hielt den Beschluss über die rückwirkende Erhöhung der Geschäftsführerbezüge für einzelne Geschäftsführer wegen Verstoßes gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz und die Feststellung des Jahresabschlusses für unwirksam.
Den Beschluss über die Zuweisung der Beschlussfeststellungskompetenz an einen Mitgesellschafter betrachtet jedoch auch das OLG Köln als wirksam an.
Die Beantwortung der Frage, ob einem Gesellschafter/Versammlungsleiter durch einfachen Gesellschafterbeschluss die Beschlussfeststellungskompetenz zugewiesen werden kann, ist umstritten. Nach einer in Rechtsprechung und Schrifttum vertretenen Auffassung, soll dies nur durch die Satzung oder einem einstimmig gefassten Beschluss aller Gesellschafter möglich sein, weil anderenfalls ein Missbrauch durch einen Mehrheitsgesellschafter zu befürchten sei bzw. es sich hierbei um eine echte Delegation der Organkompetenz der Gesellschafterversammlung handele. Nach der Gegenauffassung hat der Versammlungsleiter schon aufgrund dieser Funktion die Kompetenz, den Beschluss festzustellen, weil dies der Rechtssicherheit aller Gesellschafter diene.
Das OLG Köln teilt die zweitgenannte Auffassung. Die Beschlussfeststellung durch den Versammlungsleiter habe zunächst einmal nur deklaratorische Bedeutung in dem Sinne, dass ein bestimmtes Abstimmungsergebnis und damit einhergehend die Annahme oder Ablehnung des Beschlussantrags im Sinne einer Tatsache festgestellt wird. Daraus folge nicht, dass diese Tatsachenfeststellung zu Recht erfolgt sei und die Abstimmung tatsächlich das festgestellte Ergebnis habe. Dies im Streitfall zu klären sei vielmehr Aufgabe der Gerichte im Rahmen einer Beschlussanfechtungs- oder -feststellungsklage.
Die Frage, wann und wie einem Gesellschafter/Versammlungsleiter die Beschlussfeststellungskompetenz zugewiesen kann, ist weiterhin nicht höchstrichterlich geklärt. So gehen Teile der Rechtsprechung und Teile der Literatur weiter davon aus, dass dem Versammlungsleiter die Befugnis zur Beschlussfeststellung nicht per se zukommt, sondern durch einen einstimmigen Gesellschafterbeschluss oder die Satzung zugewiesen werden muss. Um Unklarheiten zu vermeiden, sollte bereits in der Satzung ein Versammlungsleiter bestimmt oder die Modalitäten der Bestellung bestimmt werden.