Gefälschte Unterschrift: Darlehensaufnahme unter Namen des Ehemanns

10.01.2024
Wirtschaft, Gesellschaft und Handel 1/2024
3 Minuten

Gemäß § 241a II Fall 2 BGB sind gesetzliche Ansprüche eines an einen Verbraucher liefernden Unternehmers nicht ausgeschlossen, wenn die Leistung in der irrigen Vorstellung einer Bestellung erfolgte und der Empfänger dies zwar nicht selbst erkannt hat, ihm aber in entsprechender Anwendung von § 166 I BGB die Kenntnis einer anderen Person von dieser irrigen Vorstellung des Unternehmers zuzurechnen ist (BGH, Urt. v. 26.9.2023, Az. XI ZR 98/22).

Worum geht es? 

Klägerin ist eine Bank, welche den Beklagten auf Rückzahlung eines auf sein Konto überwiesenen Geldbetrages in Anspruch nimmt. Der Beklagte und seine damalige Ehefrau führten ein gemeinsames Konto bei der P-Bank. Auf dieses überwies die Klägerin am 26.3.2019 einen Betrag in Höhe von rund 3.500 Euro. Aus ihrer Sicht erfolgte damit die Auszahlung der Darlehensvaluta aus einem zwischen ihr und dem Beklagten am 19.3.2019 geschlossenen Darlehensvertrag. Tatsächlich war der Beklagte jedoch nicht an diesem Vertragsschluss beteiligt; vielmehr handelte seine damalige Ehefrau unter seinem Namen.

Nach den Feststellungen der Vorinstanzen wurden die Kreditvertragsunterlagen im Wege des Post-Ident-Videoverfahrens an den Beklagten übersandt. Die Klägerin erhielt daraufhin die Antragsunterlagen nebst Kopien von Lohnabrechnungen, dem Personalausweis des Beklagten, der Bankkarte und Kontoauszügen. Bei dem durchgeführten Video-Ident-Verfahren trat der Stiefvater der damaligen Ehefrau des Beklagten unter Vorlage des Personalausweises desselben auf. Die Unterschrift des Kreditnehmers auf dem Kreditvertrag wurde von der damaligen Ehefrau des Beklagten gefälscht.

Im weiteren Verlauf erklärte die Klägerin die Kündigung des vermeintlichen Darlehensvertrags wegen Zahlungsrückstandes. Hiernach erfolgten Teilzahlungen in Höhe von insgesamt rund 1.100 Euro. Mit ihrer Klage begehrt die Klägerin die Verurteilung des Beklagten zur Zahlung von rund 2.400 Euro nebst Zinsen.

Wie entschied das Gericht? 

Das Amtsgericht gab der Klage statt, das Landgericht wies sie ab. Auf die Revision der Klägerin hob der BGH das Berufungsurteil auf und wies die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Amtsgerichts zurück. Der Klägerin steht der geltend gemachte Bereicherungsanspruch, der nicht durch § 241a II BGB ausgeschlossen ist, zu.

Der BGH führte in seinem Urteil unter anderem aus: Dahinstehen könne, ob es sich bei der Überweisung der „Darlehensvaluta“ um eine sonstige unbestellte Leistung im Sinne von § 241a II BGB handelt oder ob die Erfüllung eines Scheinvertrages wie hier nicht in den Anwendungsbereich der Norm fällt. Selbst wenn § 241a I BGB eingreifen würde, wären gesetzliche Ansprüche der Klägerin nach § 241a II Fall 2 BGB nicht ausgeschlossen, wenn die Leistung in der irrigen Vorstellung einer Bestellung erfolgte und der Empfänger dies erkannt hat oder bei der Anwendung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt hätte erkennen können. In einem solchen Fall solle es bei den allgemeinen Regeln der Rückabwicklung bleiben, weil diese zu einem angemessenen Ausgleich führen.

Entgegen der Ansicht des Landgerichts ist laut BGH dem Beklagten in entsprechender Anwendung von § 166 I BGB die Kenntnis seiner damaligen Ehefrau von der Täuschung der Klägerin zuzurechnen. Bis zur Trennung des Beklagten hat sich allein dessen damalige Frau um die finanziellen Angelegenheiten gekümmert. Sie hatte deshalb bei der Vornahme und Abwicklungen von Geldgeschäften eine tatsächlich ähnliche Stellung wie ein Vertreter. Der Beklagte ließ sich insoweit bewusst von ihr in ähnlicher Weise repräsentieren wie durch einen rechtsgeschäftlich bestellten Stellvertreter.

Allein weil der Beklagte sich nicht um das Konto kümmerte, konnte die Ehefrau bei der Klägerin den Irrtum hervorrufen, mit dem Beklagten einen Darlehensvertrag geschlossen zu haben und die Klägerin ohne dessen Wissen dazu veranlassen, die vermeintliche Darlehensvaluta auf das gemeinsame Konto zu überweisen. Die im vorliegenden Fall gegebene Interessenlage entspricht daher so sehr der Interessenlage eines rechtsgeschäftlichen Vertretungsverhältnisses, dass es sachgerecht ist, das Wissen, das die Ehefrau in Ausübung des ihr übertragenen Wirkungskreises erworben hat, in entsprechender Anwendung des § 166 I BGB dem Beklagten zuzurechnen.

Praxishinweis 

§ 166 I BGB wird der allgemeine Rechtsgedanke entnommen, dass sich unabhängig von dem Vorliegen eines Vertretungsverhältnisses derjenige, der einen anderen mit der Erledigung bestimmter Angelegenheiten in eigener Verantwortung betraut, das in diesem Rahmen erlangte Wissen des anderen zurechnen lassen muss.

Gemäß § 241a BGB werden durch unbestellte Lieferungen seitens eines Unternehmers an einen Verbraucher im Grundsatz keine Pflichten des Verbrauchers begründet. Insbesondere darf der Verbraucher also unbestellte Ware im Grundsatz behalten. Im vorliegenden Fall musste sich der Beklagte jedoch so behandeln lassen, als ob er das Darlehen „bestellt“ habe, weil das Handeln und Wissen seiner Ehefrau ihm zurechenbar war.

Bildnachweis:AntonioGuillem/Stock-Fotografie-ID:944130034

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