Kapitalerhöhung einer GmbH mit mehreren Geschäftsanteilen

29.07.2024
Wirtschaft, Gesellschaft & Handel 3/2024
3 Minuten

Die Erhöhung des Stammkapitals einer GmbH macht es nicht zwangsläufig erforderlich, alle Geschäftsanteile proportional zu erhöhen, wenn das Beteiligungsverhältnis der einzelnen Gesellschafter hierdurch nicht verändert wird (Schleswig-Holsteinisches OLG, Urt. v. 03.04.2024, Az. 2 Wx 57/23).

Worum geht es?

Die Beschwerdeführerin ist eine GmbH mit vier Gesellschaftern. Die Gesellschafter H und A sind Inhaber von je drei Geschäftsanteilen, die in der Summe 45 % des Stammkapitals umfassen. Die Gesellschafter M und K halten jeweils zwei Geschäftsanteile, die in der Summe je 5 % des Gesellschaftsanteils umfassen. Das Stammkapital der Gesellschaft betrug bisher 170.000 € verteilt auf die Geschäftsanteile. Am 14.08.2023 beschlossen die Gesellschafter notariell beurkundet die Erhöhung des Stammkapitals auf 1 Mio. € durch Erhöhung der Geschäftsanteile aus einer Gewinnrücklage in Höhe von 830.000 €. Zugrunde lag ein durch eine Prüfungsgesellschaft bestätigter Jahresabschluss. Die Gesellschafter beschlossen die Erhöhung der jeweiligen Geschäftsanteile dergestalt, dass nur jeweils einer der von den jeweiligen Gesellschaftern gehaltenen Gesellschaftsanteile erhöht wurden. Zusammen mit den unveränderten Geschäftsanteilen blieben M und K Inhaber von je 5 %, H und A Inhaber von je 45 % des Stammkapitals.

Die Kapitalerhöhung und Satzungsänderung sowie die aktualisierte Gesellschafterliste wurden zur Eintragung angemeldet. Das Amtsgericht wies mit Verfügung vom 28.08.2023 darauf hin, dass der Antrag unvollständig sei. Es forderte zu dessen Rücknahme auf. Der Beschluss zur Kapitalerhöhung sei nichtig, da alle Geschäftsanteile proportional an der Erhöhung teilnehmen müssten. Am 15.09.2023 wurde der ergänzende Beschluss der Gesellschafter übersandt, mit dem die proportionale Erhöhung jedes einzelnen Geschäftsanteils festgehalten wurde. Das Amtsgericht erließ nach Mitteilung, dass es den ursprünglichen Bescheid weiterhin für nichtig halte, weshalb dieser nicht abgeändert werden könne, den angefochtenen Beschluss, mit dem es den Antrag zurückwies. Zur Begründung hieß es, werde als Art der Kapitalerhöhung gemäß § 57h GmbHG die Aufstockung der Geschäftsanteile gewählt, müssten gemäß § 57j S. 1 GmbHG alle Geschäftsanteile proportional an der Erhöhung teilnehmen. Dies sei nicht erfolgt, sodass die Nichtigkeitsfolge des § 57j S. 2 GmbHG greife. Dies gelte trotz des einstimmigen Beschlusses der Gesellschafter.

Wie entschied das Gericht?

Auf die Beschwerde der GmbH hob das OLG den Beschluss des Amtsgerichts auf und wies dieses an, die Eintragung gemäß Antrag vom 14.08.2023 in der Form des Gesellschafterbeschlusses vom 15.09.2023 vorzunehmen. Der Beschluss vom 14.08.2023 sei wirksam, sodass er nachfolgend geändert werden konnte. Das Amtsgericht habe zutreffend ausgeführt, dass eine Erhöhung des Stammkapitals einer GmbH im Wege der Erhöhung des Nennbetrages der bisherigen Geschäftsanteile im Grundsatz zu einer proportionalen Erhöhung dieser Anteile führt, auch wenn mehrere Geschäftsanteile in einer Hand liegen. Mit der “Umbuchung“ von Rücklagen der Gesellschaft in das Stammkapital gehe keine reale Veränderung des Eigenkapitals einher. Zudem soll die Beteiligung der Gesellschafter an der GmbH hierdurch nicht verändert werden. Diese lege auch der Wortlaut des § 57j S. 1 GmbHG nahe.

Die Norm findet trotz ihres Wortlautes, der auf “neue“ Geschäftsanteile Bezug nimmt, auch für die Kapitalerhöhung im Wege der Nennbetragserhöhung Anwendung. Wie die Beschwerdeführerin dargelegt habe, sei zudem in bestimmten Situationen eine differenzierte Betrachtung der jeweiligen Geschäftsanteile notwendig, insbesondere wenn diese mit unterschiedlichen Rechten oder Belastungen versehen sind. Dass eine geschäftsanteilsbezogene Betrachtung zulässig sein kann, ergibt sich auch aus § 57l II GmbHG. Eine weitere Grenze der Gestaltungsfreiheit zieht zudem § 57m GmbHG. In Fällen wie dem vorliegenden, in denen alle Geschäftsanteile vollständig eingezahlt sind und keine unterschiedlichen Stimmrechte mit den Geschäftsanteilen verbunden sind und zudem keinerlei andere Unterschiede in den Rechten, Pflichten und Belastungen im Verhältnis der Gesellschafter oder gegenüber Dritten vorliegen, sind keine Gründe ersichtlich, bei einem einstimmigen Gesellschafterbeschluss eine abweichende Verteilung in den maßgeblichen Grenzen vorzunehmen. Insbesondere weil die Erhöhung des Stammkapitals auch durch Schaffung neuer Geschäftsanteile oder Mischformen erfolgen kann, darf es nicht zwingend sein, alle vorhandenen Geschäftsanteile proportional zu erhöhen.

Praxishinweis

Bei der sogenannten Kapitalerhöhung aus Gesellschaftsmitteln (auch: nominelle Kapitalerhöhung) handelt es sich um eine reine Innenfinanzierung. Hierbei werden freie Rücklagen der Gesellschaft in Stammkapital umgewandelt. Daraufhin werden neue Geschäftsanteile gebildet oder bereits vorhandene erhöht.

Bildnachweis:alexsl/Stock-Fotografie-ID:92402054

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