Sozialversicherungspflicht von Arbeitslohn bei nachträglicher Pauschalbesteuerung

02.11.2023
Sozialrecht
2 Minuten

Ein aktuelles Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen vom 24. März 2022 (Az. L 12 BA 3/20) behandelt die Frage der Beitragspflicht von Arbeitslohn im Zusammenhang mit nachträglicher Pauschalbesteuerung bei Betriebsveranstaltungen.

Sachverhalt

Die Klägerin führte im September 2015 anlässlich ihres 100-jährigen Firmenjubiläums eine Betriebsveranstaltung durch, an der auch ihre Mitarbeitenden teilnahmen. Die entstandenen Kosten wurden zunächst nicht in der Lohnsteueranmeldung beim Finanzamt berücksichtigt. Später wurde eine korrigierte Lohnsteueranmeldung eingereicht, bei der die Lohnsteuer auf den Arbeitslohn aus der Betriebsveranstaltung mit einem Pauschalsteuersatz von 25 % erhoben wurde. Die Klägerin führte keine Sozialversicherungsbeiträge ab.

Im August 2017 bemerkte die Beklagte (Deutsche Rentenversicherung) im Rahmen einer Betriebsprüfung die korrigierte Lohnsteueranmeldung und forderte von der Klägerin Sozialversicherungsbeiträge nach. Die Klägerin argumentiert, dass die Einkünfte gemäß § 40 Abs. 2 EStG nach § 1 Abs. 1 Satz 1 Nummer 3 SvEV dann nicht dem sozialversicherungspflichtigen Arbeitsentgelt zuzurechnen sind, wenn sie – wie ausdrücklich in § 1 Abs. 1 Satz 2 SvEV in der seit April 2015 geltenden Fassung vorgeschrieben – vom Arbeitgeber oder von einem Dritten für den jeweiligen Abrechnungszeitraum von der Lohnsteuer befreit oder pauschal besteuert werden.

Die Beklagte verwies darauf, dass grundsätzlich eine fehlerhafte steuer- und beitragsfreie Behandlung bis spätestens zur Ausstellung der Lohnsteuerbescheinigung durch eine nachträgliche Pauschalbesteuerung korrigierbar sei, d.h. bis Ende Februar des darauffolgenden Jahres (gemäß § 41b EStG).

Entscheidungsgründe

Das LSG hat entschieden, dass sich die sozialversicherungsrechtliche Bewertung des Arbeitslohns aus Anlass von Betriebsveranstaltungen nach dem Steuerrecht richte. Wichtig sei dabei, ob der den Freibetrag übersteigende Arbeitslohn bzw. die dritte Betriebsveranstaltung tatsächlich pauschal besteuert wurde. Die Lohnsteueranmeldung konnte auch nach Übermittlung der Lohnsteuerbescheinigung noch geändert werden, insbesondere solange der Vorbehalt der Nachprüfung bestünde. Das Finanzamt hat die Korrektur zudem nicht beanstandet, sodass diese Entscheidung für die Beitragspflicht maßgeblich sei. Das Gericht hielt allerdings auch fest, dass eine nachträgliche Geltendmachung von Steuerfreiheit oder Pauschalbesteuerung nicht dazu führt, dass Sozialversicherungsbeiträge für bereits steuer- und beitragspflichtige Lohnbestandteile erstattet werden, wenn der Arbeitgeber die bereits vorgenommene steuerpflichtige Erhebung nicht mehr ändern könnte.

Aber in Fällen, in denen bislang unversteuerte Arbeitsentgeltbestandteile erstmals erfasst werden, ist eine rückwirkende Anmeldung pauschaler Lohnsteuer möglich und die Sozialversicherungsfreiheit bliebe erhalten.

Praxis-Tipp

Kernaussage der LSG-Entscheidung ist: Werden bislang unversteuerte, in der Lohnsteuerbescheinigung nicht ausgewiesene Arbeitsentgeltbestandteile erstmals erfasst, ist die rückwirkende Anmeldung pauschaler Lohnsteuer nach § 40 Abs. 2 EStG möglich und ist damit sozialversicherungsfrei.

Da diese Entscheidung für die Praxis von erheblicher Bedeutung ist, liegt die Entscheidung des LSG aktuell dem Bundessozialgericht vor. Dieses soll zu der Frage „Sind anlässlich einer Jubiläumsveranstaltung erzielte Einnahmen nach § 40 Abs 2 EStG dem sozialversicherungspflichtigen Arbeitsentgelt zuzurechnen, wenn sie erst nach dem Februar des Folgejahres pauschal besteuert werden?“ Stellung nehmen. Eine Entscheidung ist vorliegend noch nicht gefallen.

Sofern die Rentenversicherung nachträgliche Sozialversicherungsbeiträge erhebt, sollte in der oben beschriebenen Konstellation Widerspruch erhoben werden und mit der Rentenversicherung das Ruhen des Verfahrens bis zur Entscheidung des BSG vereinbart werden.

Bildnachweis:princigalli/Stock-Fotografie-ID:1126644597

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