Der Gesellschafter-Geschäftsführer hat bei einer Beschlussfassung über die Anordnung einer Sonderprüfung mit dem Ziel der möglichen Geltendmachung von gegen ihn gerichteten Ersatzansprüchen kein Stimmrecht (OLG Brandenburg, Urt. v. 18.05.2022, Az. 7 U 89/21).
Der Kläger ist Gesellschafter der beklagten GmbH. Er begehrt die Feststellung, dass ein Beschluss der Gesellschafterversammlung der Beklagten vom 24.09.2019 nichtig sei, mit dem eine von ihm beantragte Beschlussfassung über die Durchführung einer Sonderprüfung der Tätigkeit des Geschäftsführers H. abgelehnt wurde. Zugleich begehrt er die Feststellung, dass der Beschluss über die Durchführung einer Sonderprüfung der Tätigkeit des Geschäftsführers angenommen wurde.
Die Beschlussfassung vom 24.09.2019, die Gegenstand des Antrags ist, betrifft die Anordnung einer Sonderprüfung in Bezug auf die Tätigkeit des Mitgesellschafters und Geschäftsführers H. In der Gesellschafterversammlung stimmten der Kläger und weitere für die Anordnung der Sonderprüfung. Gegen den Vorschlag stimmte jedoch die Mehrheit der Stimmberechtigten, unter anderem auch der betroffene Gesellschafter H.
Der Kläger ist der Auffassung, dass die Beschlussfassung nichtig sei, weil der Gesellschafter H. nicht an der Abstimmung habe teilnehmen dürfen. Er erhob Nichtigkeitsklage gegen den Beschluss der Gesellschaftsversammlung. Das Landgericht hat dem klägerischen Antrag entsprochen. Hiergegen hat die Beklagte Berufung eingelegt.
Das OLG Brandenburg hat die Berufung als unbegründet zurückgewiesen. Der Gesellschafter H. war nicht berechtigt, an der Abstimmung über den Antrag auf Anordnung der Sonderprüfung teilzunehmen. Ein Gesellschafter habe nach § 47 Abs. 4 S. 2 GmbHG bei einer Beschlussfassung, die die Vornahme eines Rechtsgeschäfts oder die Einleitung oder Erledigung eines Rechtsstreits gegenüber einem Gesellschafter betrifft, kein Stimmrecht.
Die Vorschrift solle verhindern, dass ein Gesellschafter, der bei einer Abstimmung nicht nur das Verbandsinteresse, sondern auch ein Eigeninteresse im Blick haben würde, unter diesem Interessenkonflikt die Möglichkeit haben soll, das Abstimmungsergebnis zu beeinflussen. Die in § 47 Abs. 4 GmbHG geregelten Fälle seien dabei weit auszulegen und der Analogie fähig. Die Anordnung einer Sonderprüfung mit dem Ziel der möglichen Geltendmachung von Ersatzansprüchen stelle, wie das Landgericht ebenfalls ausführte, eine Situation dar, die der Analogie zugänglich sei. Es liege nahe, dass der Gesellschafter-Geschäftsführer sein Anliegen, das eigene Ansehen zu schützen und ein Haftungsrisiko zu meiden, bei der Abstimmung nicht unberücksichtigt gelassen habe.
Die Teilnahme des Gesellschafters H. an der Abstimmung wirkte sich auf das Abstimmungsergebnis aus, da ansonsten die Mehrheit für die Durchführung der Sonderprüfung gestimmt hätte, so das OLG Brandenburg.
Der von einer Sonderprüfung betroffene geschäftsführende Gesellschafter einer GmbH unterliegt bei der Abstimmung über die Sonderprüfung einem Stimmverbot analog § 47 Abs. 4 S. 2 GmbHG.