Mit Urteil vom 13. Juli 2022, das am 15. Dezember 2022 veröffentlicht wurde (BFH, Urt. v. 13.07.2022, I R 52/20), hat der Bundesfinanzhof (BFH) entschieden, dass eine gemeinnützige Körperschaft aus ihrem steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb eine (begrenzt) abziehbare Spende i. S. v. § 9 Abs. 1 Nr. 2 KStG an ihre ebenfalls gemeinnützige Tochtergesellschaft leisten kann. Hierbei hat der BFH die von der Vorinstanz vorgenommene Veranlassungsprüfung in Form eines Fremdvergleichs bei der Abgrenzung zu einer verdeckten Einlage bestätigt.
Der Entscheidung lag ein Sachverhalt aus Rheinland-Pfalz zugrunde, bei dem ein für die ausschließliche und unmittelbare Förderung von Wissenschaft und Forschung als gemeinnützig anerkannter Verein (Kläger und Revisionsbeklagter) seiner – ebensolche Zwecke verfolgenden – gemeinnützigen Tochtergesellschaft A (Beteiligung: 90 %) eine Zuwendung für steuerbegünstigte Zwecke zuwandte.
Die Besonderheit des Falles lag darin, dass die Mittel nicht aus der steuerbegünstigten Sphäre, sondern dem steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb des Klägers stammten und dort als Spende steuermindernd geltend gemacht wurden.
Im Rahmen einer bei dem Kläger und der A durchgeführten Außenprüfung vertrat der Prüfer die Ansicht, dass die Zuwendungen an die A nicht als Spende, sondern als durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst anzusehen und somit als nachträgliche Anschaffungskosten auf die Beteiligung (verdeckte Einlage) zu behandeln seien. Dies wurde insbesondere damit begründet, dass vom Kläger in den betreffenden Jahren keine nennenswerten weiteren Spenden (an andere Gesellschaften) geleistet worden seien und darüber hinaus auf Seiten der A ein erheblicher Finanzierungsbedarf bestanden habe. Insofern sei davon auszugehen, dass der Kläger die an die A geleisteten Zuwendungen unter Anwendung der Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters einem fremden Dritten nicht gewährt hätte.
Das Einspruchsverfahren gegen die vom Finanzamt (Beklagter und Revisionskläger) im Anschluss an die Außenprüfung geänderten Bescheide blieb erfolglos, weshalb der gemeinnützige Verein Klage vor dem Finanzgericht (FG) erhob.
Das FG Rheinland-Pfalz gab der Klage mit Urteil vom 07.10.2020 (1 K 1264/19) statt. Es änderte die angefochtenen Bescheide dahingehend, dass die Zuwendungen an die A nicht als nachträgliche Anschaffungskosten auf die Beteiligung (verdeckte Einlage) behandelt, sondern als Spenden einkommensmindernd in Abzug gebracht werden.
Gegen das Urteil legte das Finanzamt beim Bundesfinanzhof (BFH) Revision ein.
Die Revision ist unbegründet und wird zurückgewiesen.
Zunächst stellte der BFH fest, dass die Norm des § 9 Abs. 1 Nr. 2 KStG, wonach in den dort bestimmten Grenzen Zuwendungen einer Kapitalgesellschaft zur Förderung steuerbegünstigte Zwecke i. S. d. §§ 52-54 AO einkommensmindert abziehbar sind, auch bei gemeinnützigen Körperschaften Anwendung findet, soweit diese – wie hier – aus ihren wirtschaftlichen Geschäftsbetrieben eine Spende an einer andere steuerbegünstigte (Tochter-)Körperschaft leisten.
Weil es ausgeschlossen ist, dass der wirtschaftliche Geschäftsbetrieb einer gemeinnützigen Körperschaft eine Spende an den eigenen ideellen Bereich dieser Körperschaft leistet, mag es auf den ersten Blick wie eine unzulässige Umgehung gemeinnützigkeits- und spendenrechtlicher Grundsätze wirken, wenn Spenden aus dem wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb nunmehr in die steuerbegünstigte Sphäre der Tochtergesellschaft gelangen.
Die Unterscheidung dieser Varianten liegt jedoch nicht in einer normativen Wertentscheidung, sondern ist "technischer" Natur: Bei dem eigenen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb handelt es sich nicht um ein eigenständiges Steuersubjekt.
Vor diesem Hintergrund ist es nicht als Missbrauch von Gestaltungsmöglichkeiten des Rechts zu werten, wenn eine gemeinnützige Einrichtung einen Teil ihrer steuerbegünstigten Aktivitäten auf eine Tochtergesellschaft verlagert und sodann eine Spende aus ihrem wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb an die Tochtergesellschaft leistet.
Da in Ermangelung eines wirtschaftlichen Vorteils aus Seiten des Klägers keine Betriebsausgabe vorlag, war die Spende von einer verdeckten Einlage abzugrenzen, zumal beide Zuwendungen im Ergebnis unentgeltlich und freiwillig erfolgen. Verdeckte Einlage ist die Zuwendung eines bilanzierbaren Vermögensvorteils aus gesellschaftsrechtlichen Gründen ohne Entgelt in Gestalt von Gesellschaftsrechten. Liegt eine solche verdeckte Einlage vor, verbleibt für einen Spendenabzug nach § 9 Abs. 1 Nr. 2 KStG kein Raum.
Ob und inwieweit eine derartige Zuwendung im Gesellschaftsverhältnis wurzelt bzw. durch dieses veranlasst ist, ist aufgrund eines Fremdvergleichs zu beurteilen. Eine Veranlassung durch das Gesellschaftsverhältnis liegt vor, wenn und soweit ein Nichtgesellschafter bei Anwendung der Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Kaufmanns der Gesellschaft den Vermögensvorteil nicht eingeräumt hätte.
Insoweit hält der BFH ausdrücklich fest, dass der Fremdvergleich nur das „Wegdenken“ der Nahestehensbeziehung verlangt; das Fortbestehen aller übrigen Beziehungen wird (weiter) unterstellt. Somit ist im zugrundeliegenden Fall zu berücksichtigen, dass der ordentliche und gewissenhafte Vorstand eines gemeinnützigen Vereins in erster Linie an der Förderung der satzungsmäßigen steuerbegünstigten Zwecke orientiert sein muss.
Wie bei der Abgrenzung einer Spende zur Betriebsausgabe, kommt es auch insoweit auf die Motivation des Leistenden an. Ist das Motiv für die Aufwendung in der Förderung der steuerbegünstigten Zwecke zu sehen oder jedenfalls überwiegend dadurch bedingt, sind die Aufwendungen im Rahmen des Spendenabzugs zu berücksichtigen.
Unter dieser Prämisse ist das Ergebnis der vom FG vorgenommenen Würdigung revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Die Vorinstanz hat darauf abgestellt, dass das Hauptmotiv der Zuwendungen in der Förderung der steuerbegünstigten Zwecke der A gelegen habe, während die finanzielle Stärkung der Tochtergesellschaft lediglich ein günstiger Nebeneffekt gewesen sei.
Des Weiteren durfte das FG den Umstand, dass die Zahlungen unmittelbar nach dem Erhalt als Spenden behandelt und von der A deren ideellen Bereich zugeordnet worden sind, durchaus als Indiz für das Fehlen einer Veranlassung durch das Gesellschaftsverhältnis werten. Denn als im ideellen Bereich der A gebundene Mittel unterlagen die Gelder dem Gebot der zeitnahen Verwendung für die steuerbegünstigten Zwecke (§ 55 Abs. 1 Nr. 5 AO) und standen damit für eine (jedenfalls theoretisch mögliche) spätere Einlagenrückgewähr (z. B. im Fall einer Auflösung der A, s. allgemein § 55 Abs. 1 Nr. 2 AO) nicht zur Verfügung.
Der Umstand, dass der Kläger in den Streitjahren nicht in einem nennenswertem Umfang Spenden an außenstehende steuerbegünstigte Einrichtungen geleistet hat, musste im Rahmen der Gesamtabwägung nicht zur Annahme einer verdeckten Einlage führen.
Da der Kläger mit der Spende zugleich seinen eigenen steuerbegünstigten Satzungszwecken hat nachkommen wollen und die von der A verfolgten Zwecke in besonderem Maße den eigenen Satzungszwecken des Klägers entsprochen haben, folgt der BFH der Annahme des FG, wonach ein ordentlicher und gewissenhafter Vorstand bei einem nicht gesellschaftsrechtlich verbundenen Spendenempfänger mit der Ausrichtung der A in gleicher Weise verfahren wäre.
Auch die finanziell angespannte Lage der A musste im Rahmen der Gesamtwürdigung nicht zwingend zur Beurteilung der Zuwendungen als verdeckte Einlagen führen, zumal die Gelder in den ideellen Bereich der A geflossen sind und daher – wie ausgeführt – gemäß § 55 Abs. 1 Nr. 5 AO dem Gebot der zeitnahen Verwendung für die steuerbegünstigten Zwecke unterlagen.
Das Urteil ist sowohl im Ergebnis als auch in seiner Klarheit zu begrüßen. Anhand vieler unterschiedlicher Kriterien, die dem Fall zugrunde lagen, bietet das Urteil eine wichtige Hilfestellung bei der Beurteilung von Spenden aus dem wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb an die ebenfalls steuerbegünstigte Tochtergesellschaft. Insbesondere der Gleichlauf der Zwecke beider Körperschaften erscheint künftig ein wichtiges Indiz für das Vorliegen einer Spende zu sein.
Das Urteil zeigt gleichwohl auch auf, dass das Ergebnis über das Vorliegen einer Spende an seine Tochtergesellschaft einer Einzelfallprüfung vorbehalten bleibt, die auf Tatsachenebene letztinstanzlich durch das Finanzgericht festgestellt wird.
Sollten Sie Schwierigkeiten bei der Einordnung haben, so kommen Sie gerne auf uns zu.
Link zur Entscheidung: