Fragen zu Arbeitszeugnissen stellen sich in der Praxis zuhauf. Hinzu kommen aktuelle Rechtsprechung und gesetzliche Neuregelungen. Wir haben uns hier zur Aufgabe gemacht, alles Wissenswerte zu Arbeitszeugnissen einmal kompakt zu bündeln.
Ein qualifiziertes Arbeitszeugnis bleibt ein zentrales Dokument im Bewerbungsprozess. Neuere gesetzliche Entwicklungen sowie aktuelle Rechtsprechung bringen 2025 bedeutende Änderungen – insbesondere hinsichtlich der elektronischen Form. Zudem lohnt sich ein Blick auf bestehende Standards, typische Streitpunkte und neue Trends in der Bewertungspraxis.
Bisher musste ein Zeugnis schriftlich und eigenhändig unterschrieben vorliegen (§ 109 GewO i.V.m. § 630 BGB). Seit Jahresbeginn 2025 können Zeugnisse – mit Einwilligung des Arbeitnehmers – auch elektronisch erteilt werden. Dies setzt voraus:
Einwilligung des Arbeitnehmers – diese kann formlos erfolgen (z.B. mündlich);
Elektronisches Zeugnis nur wirksam bei qualifizierter elektronischer Signatur;
Einfache Scans oder PDF-Dateien ohne Signatur sind nicht zulässig – Aussteller muss namentlich genannt und zweifelsfrei identifizierbar sein.
Wichtig: Wird das Zeugnis nachträglich berichtigt, ist eine Rückdatierung erforderlich. Elektronische Zeugnisse mit Zeitstempel erlauben dies nicht – bei Rückdatierung ist also weiterhin die Papierform geboten.
Der Anspruch auf Zeugniserteilung oder -korrektur kann verwirken, wenn:
Der Arbeitnehmer ihn über längere Zeit nicht geltend macht (z. B. > 6 Monate);
Der Arbeitgeber sich berechtigt darauf eingestellt hat, dass keine Geltendmachung mehr erfolgt.
Aber: Bei sittenwidriger, böswilliger Bewertung (z.B. „ungenügend“) liegt laut LAG Baden-Württemberg keine Verwirkung vor – selbst bei jahrelangem Zuwarten (Urt. V. 31.5.2023 – 4 Sa 54/22).
Der Arbeitgeber ist grundsätzlich an das Zwischenzeugnis gebunden;
Eine spätere Abweichung (z. B. schlechtere Bewertung) ist nur bei nachträglichen sachlichen Gründen zulässig;
Selbstbindung ergibt sich aus Treu und Glauben (§ 242 BGB);
Auch widersprüchliches Verhalten (z. B. gute Bewertung, dann fristlose Kündigung) kann problematisch sein.
Briefkopf mit vollständiger Arbeitgeberadresse ist Pflicht;
Zeugnis darf gefaltet, sogar getackert oder gelocht sein – solange kopierfähig;
Eigenhändige Unterschrift am Ende – kein „i.A.“, kein Rechtsanwalt!;
Bei elektronischem Zeugnis: qualifizierte Signatur zwingend.
Einfaches Zeugnis: Art & Dauer der Beschäftigung;
Qualifiziertes Zeugnis: Zusätzlich Beurteilung von Leistung & Verhalten;
Arbeitgeber muss wohlwollend, aber wahrheitsgemäß beurteilen;
Keine Pflicht zur Schlussformel (Dank, Wünsche), aber Selbstbindung möglich, wenn zuvor zugesichert;
Streichung einer bereits erteilten Schlussformel kann Maßregelungsverbot (§ 612a BGB) verletzen.
Grundsätzlich muss der Arbeitnehmer das Zeugnis selbst abholen;
Ausnahmsweise Bringschuld, wenn z. B. unzumutbarer Aufwand oder weite Entfernung;
Arbeitgeber muss über Fertigstellung informieren.
Fehlerhafte oder verspätete Zeugnisse können Schadensersatzansprüche auslösen;
Voraussetzung: konkreter Schaden (z. B. entgangene Stelle);
Arbeitnehmer muss ggf. Entwurf liefern – sonst Mitverschulden;
Vollstreckung aus gerichtlichem Titel möglich, wenn dieser hinreichend bestimmt ist
Die Einführung der elektronischen Zeugniserteilung modernisiert den Zeugnisprozess. Arbeitgeber sollten jedoch zwingend die strengen formalen Anforderungen beachten – ein unsigniertes PDF genügt nicht. Auch klassische Streitpunkte wie Selbstbindung, Verwirkung oder Schlussformeln bleiben praxisrelevant. Gern beraten wir hierzu bei jeglichen Fragen.
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