Fachliche Weisung der Bundesagentur für Arbeit – Neue Risiken beim Employer of Record-Modell

20.02.2025
Arbeitsrecht
2 Minuten

In einer digitalisierten und internationalisierten Arbeitswelt wird Arbeit auch über Landesgrenzen hinweg immer selbstverständlicher. Im internationalen „War for Talents“, also dem Wettstreit um gut qualifizierte Mitarbeiter, hat sich hier ein neueres Dienstleistungsfeld entwickelt, sogenannte „Employer of Record“. Diese Personaldienstleister unterstützen Unternehmen beim internationalen Personaleinsatz, indem sie Mitarbeiter im Ausland einstellen, die Administration des Arbeitsverhältnisses übernehmen (Anmeldung in den Sozialversicherungen, Gehalts- und Steuerzahlungen usw.) und die Mitarbeiter dann an ein inländisches Unternehmen entleihen. Aus Sicht deutscher Unternehmen bietet dies den Vorteil, im Ausland operieren zu können, ohne selbst Arbeitgeber zu sein. Dies minimiert Compliance-Risiken, die sich etwa aus der im Ausland geltenden Rechtsordnung ergeben.

Arbeitnehmerüberlassungsgesetz (AÜG) als Risikofaktor

Grundsätzlich folgt das Employer of Record-Modell dem Modell der Arbeitnehmerüberlassung: Es besteht ein Rechtsverhältnis zwischen dem Employer of Record und dem entleihenden Unternehmen sowie zwischen dem Employer of Record und dem Arbeitnehmer. Eine vertragliche Beziehung zwischen dem Arbeitnehmer und dem entleihenden Unternehmen besteht nicht. Gleichwohl nutzt das entleihende Unternehmen den Arbeitnehmer „wie einen eigenen Arbeitnehmer“, die Überlassung des Arbeitnehmers erfolgt auch im Rahmen einer „wirtschaftlichen Tätigkeit“ des Employer of Records. Für eine nach dem AÜG zu beurteilende Arbeitnehmerüberlassung ist jedoch eine Arbeitnehmerüberlassungserlaubnis erforderlich. Eine Arbeitnehmerüberlassung ohne entsprechende Erlaubnis ist mit empfindlichen Sanktionen verbunden, etwa Bußgeldern in Höhe von bis zu 30.000 EUR.

Allerdings gilt das AÜG nur für Arbeitnehmerüberlassungen, die zumindest eine gewisse Verbindung zu Deutschland aufweisen (sog. „Territorialprinzip“). Wenn also der entliehene Arbeitnehmer lediglich aus dem Ausland heraus tätig wird, geht die herrschende Meinung davon aus, dass der Sachverhalt nicht dem ÄUG unterfällt – jedenfalls dann nicht, wenn deutscher Boden während der Dauer der Arbeitnehmerüberlassung nicht betreten wird.

Fachliche Weisungen der Bundesagentur für Arbeit als Risikofaktor

Seit Oktober 2024 (zuletzt aktualisiert zum 01.01.2025) gelten neue Fachliche Weisungen der Bundesagentur für Arbeit, die erhebliche Änderungen in Bezug auf die Frage, wie weit der Geltungsbereich der Erlaubnispflicht nach dem ÄUG reicht, enthalten. Bei den Fachlichen Weisungen handelt es sich um interne Richtlinien, die beschreiben, wie die Bundesagentur für Arbeit Rechtsvorschriften auslegt und anwendet.

In den Fachlichen Weisungen heißt es:

„Um den Schutz des Teilarbeitsmarkts Arbeitnehmerüberlassung zu wahren, kann bei Arbeitsleistungen, die ortsunabhängig ausschließlich im homeoffice (sic!) bzw. als ausschließliche Telearbeit erbracht werden, nicht allein darauf abgestellt werden, wo sich der Leiharbeitnehmer rein körperlich befindet. Erlaubnisrechtlich ist es entscheidend, ob die Überlassung Inlandsbezug aufweist. Das ist bei ortsunabhängigen Arbeitsleistungen regelmäßig der Fall, wenn der Leiharbeitnehmer virtuell für einen inländischen Entleiher tätig wird.“

Damit ist eine rein elektronische Remote-Tätigkeit aus dem Ausland in den Erlaubnisvorbehalt des ÄUG einbezogen. Bei fehlender Erlaubnis würde dann das oben skizzierte Sanktionsregime greifen.

Einschränkend sei jedoch angemerkt, dass das Bundesarbeitsgericht (BAG) aktuell nicht davon ausgeht, dass bei fehlender Erlaubnis ein Arbeitsverhältnis zwischen Entleiher und entliehenem Arbeitnehmer entsteht, wenn das Leiharbeitsverhältnis dem Recht eines anderen Staates unterliegt (vgl. BAG, Urteil vom 26.4.2022 – 9 AZR 228/21).

Fazit

Auch wenn die Fachlichen Weisungen inhaltlich zu Recht angegriffen werden: Durch diese für die Bundesagentur für Arbeit verbindliche Auslegung des Anwendungsbereichs des AÜG entsteht für Unternehmen ein (neues) erhebliches Compliance-Risiko, weshalb Chancen und Risiken des Employer of Records-Modell genau abgewogen werden bzw. vorsorglich sichergestellt werden sollte, dass der ins Auge gefasste Employer of Record über eine entsprechende Arbeitnehmerüberlassungserlaubnis in Deutschland verfügt. Auch sollte stets abgewogen werden, ob ein Einsatz in Deutschland, bspw. zur Teilnahme an einem In-Person-Meeting die damit verbundenen Risiken rechtfertigt.

Bildnachweis:sorbetto/Stock-Illustration-ID:1495805582

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