FG Hamburg zum Ersten: Aufteilung von Leerstandskosten bei Sportstätten eines gemeinnützigen Vereins

27.03.2025
Gemeinnützigkeit
3 Minuten

Einleitung

Das Finanzgericht Hamburg (FG) hat mit Urteil vom 05.12.2024 (Az. 5 K 125/23) entschieden, dass die anteilige Zurechnung von Leerstandskosten zum wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb bei der Nutzung von Sportanlagen durch einen gemeinnützigen Verein zulässig sein kann. Die Finanzverwaltung hatte die Leerstandskosten vollständig dem ideellen Bereich zugeordnet, sodass sie steuerlich nicht den wirtschaftlichen Geschäftsbetrieben des Vereins zugerechnet wurden. Das Gericht widersprach dieser Auffassung und stellte klar, dass eine differenzierte Betrachtung erforderlich sei, wenn objektivierbare Nutzungskriterien vorliegen.

Hintergrund

Für die Aufteilung gemischt veranlasster Kosten, die verschiedenen Tätigkeitsbereichen eines Vereins zugeordnet werden können, sind objektivierbare Kriterien heranzuziehen. Nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) kann dies beispielsweise auf Basis tatsächlicher Nutzungszeiten oder anderer quantifizierbarer Parameter erfolgen (vgl. BFH, Urteil vom 15.01.2015, I R 48/13, BStBl II 2015, 713).

Das FG Hamburg hatte in diesem Fall zu prüfen, ob eine solche pauschale Zuweisung der Leerstandskosten an den ideellen Bereich sachgerecht ist oder ob eine anteilige Berücksichtigung in den wirtschaftlichen Geschäftsbetrieben des Vereins möglich sein muss.

Sachverhalt

Der Kläger, ein gemeinnütziger eingetragener Verein, verfolgte satzungsgemäß die Förderung des Amateursports und der Jugendarbeit. Im Streitzeitraum unterhielt er eine Schwimm- und eine Tennishalle, die sowohl für den ideellen Bereich als auch für einen steuerbegünstigten Zweckbetrieb sowie einen steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb genutzt wurden.

Die Tennishalle wurde von Vereinsmitgliedern für Trainingszwecke genutzt (ideeller Bereich), aber auch gegen Entgelt an Mitglieder (Zweckbetrieb) sowie an Nichtmitglieder (wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb) vermietet. Ebenso wurde die Schwimmhalle für vereinsinterne Trainings (ideeller Bereich) und für Kurse mit Trainer (Zweckbetrieb) sowie für Vermietungen ohne Trainer (wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb) verwendet.

Um die anteiligen Kosten der Tennishalle und der Schwimmhalle den verschiedenen Bereichen sachgerecht zuzuordnen, legte der Verein ein Modell zur Berechnung der tatsächlichen Nutzungszeiten vor. Danach entfielen in der Wintersaison 2015 und 2016 beispielsweise durchschnittlich 17,64 % der Tennishallen-Nutzung auf den wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb. Darüber hinaus wies der Verein nach, dass während der Leerstandszeiten eine potenzielle Nutzung durch alle Tätigkeitsbereiche gleichermaßen möglich gewesen wäre.

Das Finanzamt vertrat die Auffassung, dass Leerstandskosten nicht dem wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb oder dem Zweckbetrieb zugeordnet werden könnten. Stattdessen seien sie vollständig dem ideellen Bereich zuzurechnen, da in diesen Zeiten keine wirtschaftliche Nutzung stattgefunden habe. Folglich wurden die entsprechenden Betriebsausgaben bei der Ermittlung der steuerpflichtigen Einkünfte unberücksichtigt gelassen.

Der Verein legte Einspruch gegen die Steuerbescheide ein, der jedoch durch das Finanzamt zurückgewiesen wurde. Daraufhin erhob er Klage vor dem Finanzgericht Hamburg.

Entscheidung des Gerichts

Das Finanzgericht Hamburg entschied zugunsten des klagenden Vereins und stellte klar, dass die Leerstandskosten nicht pauschal dem ideellen Bereich zuzuordnen sind. Vielmehr sei eine anteilige Zurechnung zu den verschiedenen Tätigkeitsbereichen des Vereins vorzunehmen, wenn objektivierbare Nutzungskriterien vorliegen.

Das Gericht betonte, dass der Betrieb einer Sporthalle mit verschiedenen Nutzungsarten eine differenzierte Betrachtung erfordert. Entscheidend sei, ob sich aus den tatsächlichen Nutzungsanteilen eine sachgerechte Aufteilung ableiten lasse. Der Verein hatte schlüssig dargelegt, dass die Leerstandszeiten nicht ausschließlich dem ideellen Bereich zuzurechnen seien, sondern potenziell allen drei Bereichen zur Verfügung standen. Damit liege eine gemischte Veranlassung der Kosten vor, die eine entsprechende Aufteilung erfordere.

Das Finanzgericht argumentierte, dass sich eine vollständige Zuweisung der Leerstandskosten an den ideellen Bereich nicht mit der Systematik der Abgabenordnung vereinbaren lasse. Die Finanzverwaltung könne nicht einerseits für den Vorsteuerabzug eine Aufteilung der Kosten nach tatsächlicher Nutzung akzeptieren, andererseits aber bei der ertragsteuerlichen Behandlung die Leerstandszeiten dem ideellen Bereich zuweisen. Das Gericht stellte ausdrücklich fest, dass es auf die wirtschaftliche Realität ankomme und nicht auf eine rein formale Betrachtung.

Das Urteil des FG Hamburg folgt damit der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH), wonach eine anteilige Berücksichtigung wirtschaftlich genutzter Objekte nach objektivierbaren Kriterien erfolgen kann (vgl. BFH, Urteil vom 15.01.2015, I R 48/13).

Ausblick

Das Urteil des Finanzgerichts Hamburg hat erhebliche Bedeutung für gemeinnützige Vereine, die über eigene Sportanlagen oder sonstige Einrichtungen verfügen, die sowohl dem ideellen Bereich als auch wirtschaftlichen Geschäftsbetrieben oder Zweckbetrieben dienen. Es stellt klar, dass Leerstandskosten nicht pauschal dem ideellen Bereich zugeordnet werden dürfen, sondern anteilig zu berücksichtigen sind, wenn eine objektivierbare Nutzungsverteilung nachgewiesen werden kann.

Für die Praxis bedeutet dies, dass gemeinnützige Vereine gut beraten sind, ihre Nutzungszeiten sorgfältig zu dokumentieren. Eine detaillierte Erfassung der Belegungszeiten und Leerstände kann dazu beitragen, dass Betriebsausgaben in einem angemessenen Verhältnis den steuerpflichtigen Bereichen zugerechnet werden können. Dies kann insbesondere bei hohen Fixkosten für Sport- oder Veranstaltungsstätten steuerlich erhebliche Auswirkungen haben.

Es bleibt abzuwarten, ob die Finanzverwaltung dieses Urteil akzeptiert oder ob eine höchstrichterliche Klärung durch den Bundesfinanzhof (BFH) angestrebt wird. Bis dahin sollten betroffene Vereine prüfen, ob sie sich in vergleichbaren Fällen auf die Argumentation des FG Hamburg berufen können.

Falls Sie ähnliche steuerliche Fragestellungen oder weiterführende Informationen benötigen, stehen Ihnen unsere Expert:innen gerne zur Verfügung.

Bildnachweis:SeventyFour/Stock-Fotografie-ID:1049727724

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