Der Bundesgerichtshof (BGH) hat mit Urteil vom 02.05.2024 (Az. I ZR 12/23) entschieden, dass eine ausschließlich mildtätige oder gemeinnützige Tätigkeit, die nicht auf die Einbringung einer entgeltlichen Leistung gerichtet ist, grundsätzlich nicht als geschäftliche Handlung im Sinne des § 2 I Nr. 2 UWG anzusehen ist.
Das Gesetz zum unlauteren Wettbewerb (UWG) dient dem Schutz der Mitbewerber, der Verbraucher sowie der sonstigen Marktteilnehmer vor unlauteren geschäftlichen Handlungen. Es schützt zugleich das Interesse der Allgemeinheit an einem unverfälschten Wettbewerb.
Der Beklagte ist ein gemeinnütziger Verein zur Förderung des Tierschutzes, der in der Vergangenheit für seine aktiven Mitlieder Tierkrankentransporte sowie Erste-Hilfe-Kurse am Tier anbot. Im Jahr 2016 teilte der Verein seinen Mitgliedern mit, dass Leistungen des Tierkrankenwagens in der Zukunft von der Klägerin, ein Unternehmen, das Tierrettungen anbietet, durchgeführt werden. Hierzu hatte der Beklagte an die Klägerin die Wort-/Bildmarke “Tierkrankenwagen”, den Krankentransportwagen und die entsprechend Internet-Domain übertragen. Der Verein stellt im Anschluss eigene Tätigkeiten weitestgehend ein.
Nachdem den Mitgliedern zunächst mitgeteilt wurde, dass sie in Zukunft Kunden des Klägers seien, wurde diese Aussage knapp vier Jahre später widerrufen. Die Klägerin begehrt die Unterlassung von Aussagen in einem Brief der Beklagten an seine Mitglieder. In dem Brief behauptet der Beklagte, dass die Mitglieder nicht automatisch Kunden der Klägerin geworden seien und daher auch keine automatische Einzugsermächtigung der Mitgliedsbeiträge bestehe. Die Beklagte bezeichnet die Klägerin als eine "Inkasso-Firma". Das OLG wies die Klage in zweiter Instanz ab. Die hiergegen gerichtete Revision der Klägerin bei BGH hatte zwar Erfolg, wird aber zur Entscheidung in der Sache an das OLG zurückverwiesen.
Zunächst stellt der BGH klar, dass aus § 280 Abs. 1 BGB grundsätzlich auch ein Unterlassungsanspruch wegen der Verletzung nachvertraglich Rücksichtnahmepflichten erwachsen könne. Auch nach der Vertragserfüllung trügen die Vertragsparteien die aus § 241 Abs. 1 BGB erwachsende Pflicht, alles zu unterlassen, was die Erreichung des Vertragszwecks und den Eintritt des Leistungserfolgs gefährden oder beeinträchtigen könne.
Ein solcher Anspruch könne vorliegend allerdings auf Basis der bisherigen Feststellungen nicht zuerkannt werden. Das Schreiben des Beklagten, nach dem er seinen Mitgliedern mitteilt, dass er der Auffassung sei, die Beklagte dürfe nicht einfach die Mitgliedsbeiträge vereinnahmen, sei die Schilderung seiner Rechtsauffassung und stelle insoweit ein nicht unverhältnismäßiges Werturteil dar. Hieran ändere die Bezeichnung der Klägerin als “Inkasso-Firma” nichts. Weitere Feststellungen müsse das OLG treffen.
Darüber hinaus könne die Klägerin keine wettbewerbsrechtlichen Ansprüche aus §§ 8 Abs. 1, 3 Abs. 1, 4 Nr. 1, 2 oder 4 UWG geltend machen, da die gemeinnützige Tätigkeit der Beklagten keine “geschäftliche Handlung” im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 2 UWG darstelle. Eine „geschäftliche Handlung“ sei jedes Verhalten einer Person zugunsten des eigenen oder eines fremden Unternehmens, bei oder nach einem Geschäftsabschluss, das mit der Förderung des Absatzes oder des Bezugs von Waren oder Dienstleistungen oder mit der Durchführung eines Vertrags über Waren oder Dienstleistungen unmittelbar zusammenhängt. Hierfür sei eine entgeltliche Tätigkeit erforderlich.
Zwar könne nach Auffassung des BGH in der Zahlung von Mitgliedsbeiträgen eine solche Entgeltlichkeit gesehen werden, vorliegend trete die Beklagte aber nicht mehr am Markt als Tiernotarzt auf und beabsichtige dies auch nicht in der Zukunft, sodass keine Beeinträchtigung des Wettbewerbs zuerkannt werden könne.
Im Übrigen könnten wettbewerbsrechtliche Ansprüche nur im Rahmen des wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs eines Vereins relevant, denn eine ausschließlich mildtätige und/oder gemeinnützige Tätigkeit, mit der keine erwerbswirtschaftlichen Ziele verfolgt werden und die nicht auf die Erbringung einer entgeltlichen oder auf dem Markt ansonsten gegen Entgelt angebotenen Leistung gerichtet ist, sei grundsätzlich nicht als geschäftliche Handlung im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 2 UWG anzusehen.
Der BFH hebt die Entscheidung des OLG auf und verweist den Fall zur weiteren Verhandlung und Entscheidung zurück.
Der BFH stellt mit diesem Urteil klar, dass Ansprüche aus dem UWG gegenüber gemeinnützigen Organisationen nur dann entstehen, wenn sie sich gegen Handlungen der Organisationen im Rahmen des wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs richten.
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