Gemeinnütziger Yoga-Verein muss rund 42.000 Euro Mindestlohn nachzahlen

07.06.2024
Gemeinnützigkeit
2 Minuten

Das Landesarbeitsgericht Hamm (LAG) hat mit Urteil vom 14.05.2024 (Az. 6 Sa 1128/23) entschieden, dass eine Juristin, die mehrere Jahre für ein Yoga-Ashram (ein Meditationszentrum nach indischer Tradition) gearbeitet hat, zumindest mit Mindestlohn vergütet werden muss. Bei der Rechtsbeziehung handele es sich um ein Arbeitsverhältnis, da die Dienste nicht als Mitglied einer Religions- oder Weltanschauungsgemeinschaft geleistet worden waren.

Sachverhalt

Etwa acht Jahre lang hatte eine Frau in einem als gemeinnützigen Verein organisierten Yoga-Zentrum gelebt und gearbeitet. Für den Verein plante sie Unterricht und Seminare, arbeitete im Team Social-Media/Online-Marketing mit und übernahm später auch dessen Leitung.

Der Verein versteht sich selbst als religiöse Gemeinschaft – ohne als Körperschaft des öffentlichen Rechts anerkannt zu sein – mit dem Ziel der Verbreitung der Yogalehre. Dafür wurden in vier Campus-ähnlichen Gebäudekomplexen über 1.000 Betten und mehr als 40 Seminarräume vorgehalten.

Die Mitglieder widmen ihr Leben der Übung und Verbreitung der Lehren. Sie wollen sich spirituell entwickeln und Erleuchtung erreichen. Neben einem geleisteten Taschengeld übernahm der Verein die Kosten für Kranken- und Altersversicherung und stellte Unterkunft und Verpflegung.

Die Klägerin sah sich nachträglich als Arbeitnehmerin an und wollte für ihre Dienste zumindest mit Mindestlohn vergütet werden. Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hatte in seinem Urteil vom 25.04.2023 (9 AZR 253/22) bereits festgestellt, dass zwischen Klägerin und Verein ein weisungsgebundenes Arbeitsverhältnis und nicht ein schlichter Mitgliedschaftsdienst bestünde. Nach Ansicht des BAG sei eine spirituelle Gemeinschaft, die nicht auf einem Mindestmaß an Systembildung und Weltdeutung beruhe, nicht dazu berechtigt, sich eine innere Ordnung zu schaffen, nach deren Maßgabe ausschließlich vom Gemeinschaftszweck geprägte Dienste nicht dem staatlichen Arbeitsrecht unterworfen sind. Der Sachverhalt wurde zur weiteren Feststellung an das LAG zurückverwiesen.

Entscheidung des Gerichts

Nach Ansicht des LAG sei nur ausnahmsweise dann die Arbeitnehmereigenschaft nicht anzunehmen, wenn es sich bei dem Verein um eine Religions- oder Weltanschauungsgemeinschaft handele, wie etwa bei Mönchen oder Rote-Kreuz-Schwestern in eigenen Klöstern. Das LAG Hamm könne auch in der erneuten Feststellung eine solche Religions- oder Weltanschauungsgemeinschaft des beklagten gemeinnützigen Vereins nicht erkennen. Die Mitgliedschaft beim Beklagten sei nach Auffassung der bindenden BAG-Entscheidung multikonfessionell ausgestaltet und ziele auf die Verbreitung von Yoga als ganzheitliches offenes Übungssystem ab. Auch die Vereinsautonomie stehe dem Anspruch der Klägerin nicht entgegen.

Für den Umfang der Zahlungsansprüche seien die tatsächlichen geleisteten Arbeitsstunden sowie weitere Zeiten zu berücksichtigen, für die ein Zahlungsanspruch in Höhe des Mindestlohns bestehe. Auf der Basis eines Beschäftigungszeitraums von knapp dreieinhalb Jahren erhält die Klägerin nun nachträglichen Lohn in Höhe von rund € 42.000.

Praxishinweis

Religions- und Weltanschauungsgemeinschaften dürfen ein eigenständiges Arbeitsrecht erlassen. Dies hat seine Grundlage im sogenannten Selbstordnungs- und Selbstverwaltungsrecht gemäß Art. 137 Abs. 3 Weimarer Reichsverfassung, der nach Art. 140 GG in das Grundgesetz inkorporiert und vollwirksames Verfassungsrecht ist. Zwar bedarf es hierzu keiner staatlichen Anerkennung als Körperschaft des öffentlichen Rechts, sodass auch gemeinnützige Vereine, die Religions- oder Weltanschauungsgemeinschaft sind, der Selbstverwaltung unterliegen dürfen. Allerdings bedarf es hierfür eines Mindestmaßes an Systembildung und Weltdeutung sowie der Verwirklichung gemeinsamer religiöser oder weltanschaulicher Ziele der Mitglieder.

Bildnachweis:New Africa/Stock-Foto ID: 2383598835

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