Gleiches Recht für Teilzeitkräfte bei Überstundenzuschlägen

03.03.2025
Arbeitsrecht
2 Minuten

Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat entschieden: Teilzeitkräfte haben denselben Anspruch auf Überstundenzuschläge wie Vollzeitbeschäftigte, und das bereits ab der ersten Überstunde (Urt. v. 05.12.2024, Az. 8 AZR 370/20).

Bisher war es in vielen Unternehmen üblich, dass Überstundenzuschläge erst dann gezahlt werden, wenn die reguläre Arbeitszeit eines Vollzeitbeschäftigten überschritten wurde.

Tarifliche Regelungen, nach denen Mitarbeitende nur dann für Überstunden entschädigt werden, wenn diese die Arbeitszeit von Vollzeitkräften überschreiten, diskriminieren laut BAG Teilzeitbeschäftigte. Eine unterschiedliche Behandlung ist nur dann zulässig, wenn sachliche Gründe die unterschiedliche Behandlung rechtfertigen.

Im konkreten Fall war die Klägerin Pflegekraft in Teilzeit und mit einer Kapazität von 40 Prozent beschäftigt. Sie klagte gegen ihren Arbeitgeber, einen ambulanten Dialyseanbieter. Laut Tarifvertrag gab es einen Überstundenzuschlag von 30 Prozent, dieser wurde aber nur gezahlt, wenn die Arbeitszeit einer Vollzeitkraft überstiegen wurde. Obwohl die Frau 129 Überstunden geleistet hatte, erhielt sie keine Zuschläge oder Zeitgutschriften.

Die Klägerin argumentierte, dass diese Regelung Teilzeitkräfte benachteilige und insbesondere Frauen diskriminiere, da der Großteil der Teilzeitbeschäftigten in ihrem Unternehmen weiblich war.

Das BAG hatte die Frage dem EuGH vorgelegt, ob die tarifliche Regelung gegen Unionsrecht verstoße. Der EuGH bejahte dies und beantwortete die Frage mit Urteil vom 24. Juli 2024 (C-184/22 und C-185/22) wie folgt: Die tarifliche Regelung verstößt sowohl gegen die Richtlinie 97/81/EG über Teilzeitarbeit als auch gegen die Gleichbehandlungsrichtlinie (2006/54/EG), da erheblich mehr Frauen als Männer von der Regelung betroffen seien.

Das BAG urteilte, dass solche Regelungen gegen das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) verstoßen, wenn es keine sachlichen Gründe für die Ungleichbehandlung gibt. Eine Benachteiligung von Teilzeitkräften sei nicht gerechtfertigt, wenn sie schlicht darauf basiert, dass sie weniger Wochenstunden arbeiten als Vollzeitkräfte. Zudem sah das BAG eine mittelbare Diskriminierung von Frauen, da diese häufiger in Teilzeit arbeiten.

Die Pflegekraft erhielt eine Zeitgutschrift für die geleisteten Überstunden sowie eine Entschädigung in Höhe von 250 Euro.

Für Teilzeitkräfte bedeutet diese Entscheidung eine Stärkung ihrer Rechte. Arbeitgeber, die das Gleichbehandlungsgebot missachten, setzen sich dem Risiko von Klagen aus. Dies betrifft nicht nur die Vergütung, sondern auch etwa Regelungen zum Urlaub. Wie das Urteil erneut bestätigt: Eine Schlechterstellung von Teilzeitbeschäftigten ist verboten (§ 4 Abs. 1 TzBfG). Wenn die Teilzeitbeschäftigten überwiegend Frauen sind, kann es sich gleichzeitig um eine Diskriminierung wegen des Geschlechts handeln und einen Entschädigungsanspruch nach § 15 Abs. 2 AGG zur Folge haben.

Praxishinweis:

Das BAG hat mit diesem Urteil einmal mehr festgelegt, was nicht geht. Wie eine diskriminierungsfreie Vergütungsstruktur geschaffen werden kann, wird aber nicht deutlich. Eine Herausforderung: Durch Einhaltung der Vorgaben des BAG für Überstundenzuschläge bei Teilzeitkräften kann es zu Unwuchten in der Verdienststruktur kommen, erhält doch ein in Vollzeit arbeitender Mitarbeiter ggf. absolut weniger (Stunden-)Lohn als ein Teilzeitmitarbeiter, dessen Mehrarbeit durch Zuschläge „vergoldet“ wird. Überträgt man den hier entwickelten Maßstab etwa auf Bonus-Vorgaben, müsste für Teilzeitkräfte auch hier eine im Verhältnis zu einer Vollzeitkraft anteilige Vorgabe gesetzt werden, die ggf. absolut gesehen leichter erreicht werden kann. Dies könnte Fehlanreize Richtung Teilzeit setzen. Klar ist jedoch auch: Die häufig (etwa in Tarifverträgen) vorzufindenden Regelungen, wonach Überstundenzuschläge erst bei Überschreitung der regulären Arbeitszeit eines Vollzeitbeschäftigten gezahlt werden, müssen dringend angepasst werden. SCHOMERUS unterstützt Sie bei der Schaffung rechtskonformer Vergütungssysteme.

Bildnachweis:DMP/Stock-Fotografie-ID:1184374896 & Fototocam/Stock-Fotografie-ID:1145231639

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