Der Bundestag hat am 18.10.2024 das Jahressteuergesetz 2024 (BT-Drucks. 20/12780; 20/13157) beschlossen, welches am 22.11.2024 vom Bundesrat bestätigt worden ist. Im Zuge dessen wurden auch die Rechnungspflichtangaben des § 14 Abs. 4 UStG erweitert. Nunmehr wird eine neue Rechnungspflichtangabe für den Fall eingeführt, dass der Rechnungsausteller der sogenannten “Ist-Versteuerung” unterliegt. Zurückzuführen ist diese Änderung auf die ebenfalls neu einzuführende Regelung zum Vorsteuerabzug, die zum 1. Januar 2028 in Kraft treten wird.
Die Besteuerung nach vereinbarten Entgelten wird als Soll-Besteuerung (Regelbesteuerung) bezeichnet, während die Besteuerung nach vereinnahmten Entgelten als Ist-Besteuerung (Antragsbesteuerung) bekannt ist. Bei der Soll-Besteuerung entsteht die Umsatzsteuer bereits bei der Leistungserbringung. Bei der Ist-Besteuerung wird die Umsatzsteuer hingegen erst fällig, wenn der Leistungsempfänger die Rechnung tatsächlich bezahlt. Dies bedeutet, dass die Umsatzsteuer von dem leistenden Unternehmer nicht vorfinanziert werden muss. Einen Antrag auf Ist-Versteuerung können Unternehmen stellen, die bestimmte Voraussetzungen erfüllen (Befreiung von der Buchführungspflicht, Freiberufler, Gesamtumsatz des vorangegangenen Kalenderjahres nicht mehr als € 800.000).
Unabhängig von der Ist- oder Soll-Besteuerung des Rechnungsausstellers kann der Leistungsempfänger bereits für die ausgeführte Leistung die Vorsteuer beim Finanzamt geltend machen, wenn ihm eine ordnungsgemäße Rechnung vorliegt. Auf den Zeitpunkt der Zahlung kommt es dabei nicht an.
Die Anpassung des § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 S. 2 UStG, welche erst zum 1. Januar 2028 in Kraft tritt, legt nunmehr fest, dass die Vorsteuer erst dann durch den Leistungsempfänger abziehbar ist, wenn der Unternehmer eine nach den §§ 14, 14a ausgestellte Rechnung besitzt und entweder die Leistung ausgeführt worden ist, sofern der Leistende Soll-Besteuerter ist oder die Zahlung auf eine ausgeführte Leistung geleistet worden ist, sofern der Leistende Ist-Besteuerter ist.
Mit dieser Änderung passt sich der deutsche Gesetzgeber an die Rechtsprechung des EuGH an. Dieser hatte in seinem in seinem Urteil vom 10. Februar 2022, C-9/20, Grundstücksgemeinschaft Kollaustr. 136, entschieden, dass wenn der Steueranspruch gegenüber dem Leistungserbringer erst mit Vereinnahmung des Entgelts entsteht (Ist-Besteuerung), auch der Leistungsempfänger den Vorsteuerabzug erst zu diesem Zeitpunkt vornehmen darf.
Das Umsatzsteuergesetz enthielt bislang keine ausdrückliche Regelung zum Zeitpunkt des Vorsteuerabzugs, der Gesetzeswortlaut ist insoweit offen formuliert. Nach der bisherigen Rechtsauffassung in Deutschland ist ein Vorsteuerabzug – unter den übrigen Voraussetzungen – jedoch grundsätzlich bereits zum Zeitpunkt der Leistungsausführung möglich, unabhängig vom Zeitpunkt einer späteren Zahlung. Dieses Verständnis ist nach der Rechtsprechung des EuGH anzupassen.
Damit der Leistungsempfänger dieser Vorgabe entsprechen kann, ob die Leistung durch einen Unternehmer erfolgt ist, der seine Umsätze nach vereinbarten oder nach vereinnahmten Umsätzen versteuert, wird künftig mit § 14 Abs. 4 S. 1 Nr. 6a UStG der Pflichtinhalt von Rechnungen erweitert. Demnach müssen Unternehmer, die die Ist-Versteuerung anwenden, ihre Rechnung künftig um folgenden Satz ergänzen: “Versteuerung nach vereinnahmten Entgelten”.
Die Anpassung des Gesetzes war nach der Rechtsprechung des EuGH zu erwarten. Die fehlende Reglung zum Zeitpunkt des Vorsteuerabzugs bei Leistungsempfängern von Ist-Besteuerteren sorgte in der Vergangenheit für Unsicherheiten in der Praxis. Da die Unternehmen aus der Sicht des Gesetzgebers bereits mit der Umsetzung zu den Vorgaben der E-Rechnung beschäftigt sind, wurden nun aber umfassende Übergangsregelungen geschaffen. Ursprünglich sollte die Neuregelung bereits zum 1. Januar 2026 anzuwenden sein. Wir berichteten hierüber bereits in unserer Septemberausgabe (Neuregelung beim Vorsteuerabzug ab 2026 geplant). Die Neuregelungen zum Vorsteuerabzug treten nun aber erst zum 1. Januar 2028 in Kraft.
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