Mitgliedsbeiträge an Kulturvereine unterliegen regelmäßig nicht dem Spendenabzug

04.10.2023
Gemeinnützigkeit
3 Minuten

Mit Urteil vom 28. September 2022 hat der Bundesfinanzhof (BFH) entschieden, dass Mitgliedsbeiträge an Körperschaften, die Kunst und Kultur fördern und welche in erster Linie der Freizeitgestaltung dienen, nicht dem Spendenabzug unterliegen.

Hintergrund

Der Kläger war ein gemeinnütziger Verein, der mehrere Blasorchester betreibt. Laut seiner Satzung verfolgt der Verein die Förderung der Volksbildung, der Erziehung und Ausbildung sowie der Kunst im Bereich der Bläsermusik. Verwirklicht wird der Zweck insbesondere durch die musikalische Bildung der Mitglieder, damit verbundene Auftritte und durch Workshops für Nichtmitglieder. Die Bildungsangebote sind dabei eng mit dem Orchesterbetrieb verbunden und finanzieren sich maßgeblich über Mitgliedsbeiträge, Spenden, Entgelte und öffentliche Zuschüsse.

In dem durch das zuständige Finanzamt erlassenen Freistellungsbescheid für die Jahre 2014-2016 fand sich der Vermerk, dass der Kläger nunmehr nicht zur Ausstellung von Zuwendungsbestätigungen für Mitgliedsbeiträge berechtigt sei, weil Zwecke im Sinne des § 10b Abs. 1 S. 8 Nr. 2 EStG ([…] 2. die kulturelle Betätigungen, die in erster Linie der Freizeitgestaltung dienen gefördert würden. […]) Hiergegen erhob der Verein Klage beim Finanzgericht, um feststellen zulassen, dass er gleichwohl zur Ausstellung von sog. Spendenbescheinigungen berechtigt war. Das FG Köln gab der Klage mit Urteil vom 25. Februar 2021 (10 K 1622/18) statt.

Entscheidung des BFH

Der Bundesfinanzhof entschied nun, dass die Revision des Finanzamts gegen das Urteil des FG Köln zulässig und begründet war. Dies führte zur Aufhebung des Urteils und zur rechtskräftigen Abweisung der Klage des Vereins. Nach Ansicht des Urteilenden X. Senats, hatte das FG Köln hier in rechtsfehlerhafter Weise den § 10b Abs. 1 S. 8 Nr. 2 EStG ausgelegt.

Betrachtungszeitpunkt der Entscheidung

Bemerkenswerter Weise wich der BFH bei seiner Entscheidung von den Grundsätzen des maßgeblichen Betrachtungszeitpunkts im Rahmen von Feststellungsklagen ab. Maßgeblich für die Bewertung der Umstände ist regelmäßig der Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung vor dem Finanzgericht – hier also der Februar 2021. Der BFH allerdings wich vorliegend von diesem Grundsatz ab und bewertete die Umstände im Veranlagungszeitrum (2016-2019). Mit gutem Grund: Im Februar 2021 waren wegen der Corona-Pandemie sämtliche Vereinsaktivitäten eingeschränkt, eine Leistungserbringung in Form von musikalischer Ausbildung fand nicht statt. Diese Einschränkungen müssten aber nach Ansicht des Gerichts auf Grund der zeitlichen Befristung und der außergewöhnlichen Lage unbeachtet gelassen werden, weshalb sich eine Abweichung von den hergebrachten Grundsätzen rechtfertigen würde.

Mitgliedsbeiträge an Blasmusikorchester können nicht steuerlich geltend gemacht werden

Der entscheidende Senat hatte sich vorliegend im Kern mit der Auslegung des § 10b Abs. 1 S. 8 Nr.1 und 2 EStG zu beschäftigen.

[…] Nicht abziehbar sind Mitgliedsbeiträge an Körperschaften,

1. die den Sport (§ 52 Absatz 2 Satz 1 Nummer 21 der Abgabenordnung),

2. die kulturelle Betätigungen, die in erster Linie (Anm. D. Red.) der Freizeitgestaltung dienen,

[…] fördern […]

(§ 10b Abs. 1 S. 1 Nr. 1 und 2 EStG)

Dabei bediente er sich dem aus der juristischen Lehre bekannten Auslegungskanon. Aus Sicht der Systematik und des Wortlauts stellte das Gericht klar, dass sich der Satzteil “in erster Linie” nicht darauf bezieht, dass der Verein mehrere gemeinnützige Zwecke verwirklicht, sondern auf die kulturelle Betätigung an sich. Es sei also vorrangig bei der Bewertung darauf abzustellen, ob die kulturelle Betätigung in erster Linie der Freizeitgestaltung der Mitglieder dient oder nicht.

Abschließend stellt das Gericht auch klar, dass es nicht Zweck des Gemeinnützigkeitsrechts sei, individuelle Freizeitmöglichkeiten, die auch noch eine Form der Gegenleistung bieten, zu fördern. Ziel sei es altruistische Incentivierungen zu unterstützen, die dem gemeinen Wohl der Gesellschaft zugutekommen. Grade im Bereich von Sport und kulturellen Einrichtungen sind Mitgliedsbeiträge regelmäßig mit einer Gegenleistung für die Mitglieder verbunden, dies könne mithin nicht förderungswürdig für die einzelnen Mitglieder im Rahmen ihrer Einkommensteuer sein. Somit fallen aus dem Tatbestand des § 10b Abs. 1 S. 8 EStG nur solche Mitgliedsbeiträge heraus, die erkennbar mit keiner Gegenleistung in Form von Musikstunden oder Sportangeboten verbunden sind. Gelinge eine solche Trennung nicht, sei der Spendenabzug für entrichtete Mitgliedsbeiträge im Ganzen zu versagen.

Hinweise für die Praxis

In formeller Hinsicht musste der X. Senat gleich mehrfach umständliche Begründungen zur Zulässigkeit der Klage machen. Diese Zielgerichtetheit zeigt aber, dass es dem Gericht ein großes Anliegen gewesen ist, den § 10b Abs. 1 Nr. 8 EStG auszulegen, um so eine im Rechtsverkehr entstandene Unsicherheit bei der Anwendung der Vorschrift auszugleichen. Die Entscheidung bedeutet in der Praxis, dass Vereine, die mehrere gemeinnützige Zwecke verfolgen, wovon einer nicht dem Spendenabzug von Mitgliedsbeiträgen unterliegt, möglicherweise ihre Betätigungen künftig in zwei getrennten Körperschaften ausüben müssen. Nur so kann sichergestellt werden, dass bei vollbegünstigten Betätigungen etwaige Mitgliedsbeiträge im Rahmen der Einkommensteuer abzugsfähig bleiben.

Bildnachweis:Veronika Dvořáková/Stock-Fotografie-ID:1181053233

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