Das Finanzgericht Niedersachsen hat mit Urteil vom 10.01.2023 (Az.: 11 K 147/22) entschieden, dass Mitgliedsbeiträge eines Sportvereins zwar steuerbar sind, wenn ein unmittelbarer Zusammenhang zwischen der Leistung des Vereins und den entsprechenden Mitgliedsbeiträgen besteht. Allerdings können diese Mitgliedsbeiträge eine Teilnehmergebühr im Sinne des § 4 Nr. 22 Buchst. b. UStG darstellen und somit steuerbefreit sein.
§ 4 Nr. 22 Buchst. b. UStG stellt solche Umsätze steuerfrei, die für kulturelle und sportliche Veranstaltungen von u. a. gemeinnützigen Einrichtungen vereinnahmt werden, soweit das Entgelt in Teilnahmegebühren besteht.
Der Kläger ist ein eingetragener gemeinnütziger Sportverein, der als klassischer Breitensportverein aufgestellt ist. Lediglich die 1. Fußball-Herrenmannschaft wird innerhalb des Vereins als wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb geführt und erzielte im Streitjahr umsatzsteuerpflichtige Eintrittsgelder bei Punktspielen. Im streitgegenständlichen Zeitraum errichtete der Kläger einen Kunstrasenplatz, um den steigenden Mitgliederzahlen und damit verbunden benötigter Platzressourcen zu entsprechen. Auch die 1. Fußball-Herrenmannschaft sollte den Platz nutzen.
In seiner Jahresumsatzsteuererklärung deklarierte der Kläger – unter Berufung auf das Unionsrecht – erstmalig sämtliche Mitgliedsbeiträge als steuerpflichtige Umsätze in Höhe von 7 % und machte gleichzeitig den Vorsteuerabzug für die Eingangsrechnungen in Bezug auf die Kosten der Errichtung des Kunstrasenplatzes geltend. Im Rahmen einer Umsatzsteuersonderprüfung wurde dieser Vorsteuerabzug gemäß § 15 Abs. 2 Nr. 1 UStG unter Bezugnahme auf das BMF-Schreiben vom 04.02.2019 verwehrt. Danach seien die Mitgliedsbeiträge, die die Teilnahme am Sporttraining und an Sportwettkämpfen betreffen würden und damit über eine reine Benutzung der Sportanlagen hinausgingen, Teilnehmergebühren für von der Umsatzsteuer befreite Veranstaltungen i. S. d. § 4 Nr. 22 Buchst. b UStG, die keinen Vorsteuerabzug zulassen würden.
Gegen den abgewiesenen Einspruch erhob der Verein Klage mit der Begründung, dass es sich bei den erbrachten Trainings- und Spielangeboten nicht um umsatzsteuerfreie Leistungen handle, da der § 4 Nr. 22 Buchst. b. UStG nur auf einzelne Veranstaltungen anzuwenden sei und eine entsprechend weite Auslegung der Finanzverwaltung gegen das Unionsrecht verstoßen würde. Der Ansicht des Klägers sei nicht zu folgen, wie das FG nun entschied.
Nach Ansicht des Gerichts könne der Kläger nicht diejenigen Vorsteuerbeträge abziehen, die darauf entfallen, dass der Verein seinen Mitgliedern die Teilnahme am Training und den Punktspielen ermögliche. Hierbei handle es sich um Leistungen, die wegen § 4 Nr. 22 Buchst. b. UStG von der Umsatzsteuer befreit seien und daher nicht zum Vorsteuerabzug berechtigen würden.
Der erkennende Senat stellt zunächst in Anlehnung an geltende EuGH und BFH-Rechtsprechung fest, dass Jahresbeiträge der Mitglieder eines Sportvereins durchaus Gegenleistungen für die vom Verein erbrachten Dienstleistungen und somit steuerbar im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 UStG sein können. Hierbei käme es auch nicht drauf an, ob die Mitglieder tatsächlich die Vorteile in Anspruch nähmen oder nicht.
Allerdings lägen auch die Voraussetzungen für die Umsatzsteuerbefreiung des § 4 Nr. 22 Buchst. b. UStG vor, da es sich hierbei um Teilnehmergebühren für eine sportliche Veranstaltung handle. Von der Steuerfreiheit seien sämtliche organisatorische Maßnahmen eines Sportvereins erfasst, die es aktiven Sportlern ermöglichen, Sport zu treiben, wobei eine bestimmte Organisationsform nicht vorgegeben ist. Von der Steuerfreiheit ausgeschlossen seien lediglich die bloße Nutzungsüberlassung von Sportgegenständen oder -anlagen. Diese Auslegung gebiete auch die entsprechende Anwendung des Art. 132 Abs. 1 der MwStSystRL.
Vorliegend erschöpfe sich die Leistung des Klägers gerade nicht in einer solchen Nutzungsüberlassung, sondern es würde ein umfassender Trainings- und Spielbetrieb geboten, sodass die Mitgliedsbeiträge insgesamt als steuerfrei gemäß § 4 Nr. 22 Buchst. b. UStG anzusehen sein.
Darüber hinaus sei der Vorsteuerabzug gemäß § 15 Abs. 4 Satz 1 UStG lediglich anteilig in Höhe der Einnahmen aus dem steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb der 1. Fußball-Herrenmannschaft zu gewähren. Es sei also zu berechnen, wie oft die 1. Fußball-Herrenmannschaft den neuen Kunstrasenplatz im streitgegenständlichen Zeitraum für steuerpflichtige Leistungen – also insbesondere Punktspiele, bei denen ein Entgelt veranschlagt wurde – genutzt hätte.
Das vorliegende Urteil sorgt für eine weite Auslegung des § 4 Nr. 22 Buchst. b. UStG. Vermutlich auch deshalb hat das FG die Revision zum Bundesfinanzhof (BFH) zugelassen, um abschließend die Begriffe der “sportlichen Veranstaltung” und “Teilnehmergebühren” höchstrichterlich definieren zu lassen. Über die Entscheidung des BFH werden wir natürlich an geeigneter Stelle informieren.
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